Immer mehr Laufveranstaltungen müssen wegen des sich weiter ausbreitenden Coronavirus abgesagt werden. Was für Läuferinnen und Läufer angesichts der langen Trainingsvorbereitung ärgerlich ist, ist für viele Veranstalter von Marathons und anderen Laufveranstaltungen aber wirtschaftlich bedrohlich. Die Probleme treffen dabei lokale Sportvereine, die familiäre Volksläufe organisieren, wie professionelle Veranstaltungsagenturen großer Stadtmarathons gleichermaßen.
GRR: Appell an das Mitgefühl mit Veranstaltern
Jetzt wandten sich die German Road Races (GRR) e.V., Dachorganisation von Lauf-Organisatoren und Vereinen, mit einem Aufruf und Appell an die Teilnehmer von abgesagten Laufevents. "Seid solidarisch mit Euren Laufveranstaltern!" heißt es in dem Aufruf auf germanroadraces.de. Kleinere Vereine, die ehrenamtlich Volksläufe organisieren, oder professionelle Teams hätten Zeit, Geld und ihren Enthusiasmus investiert und stünden nun vor einem Scherbenhaufen ihres monatelangen Arbeitens, so die GRR in ihrer Stellungnahme. "Die allerwenigsten sind gegen nicht verschuldete Absagen versichert und stehen jetzt vielleicht vor dem Aus," heißt es weiter. Daher appelliere man an Läufer und Läuferinnen, Solidarität zu zeigen und bereits gezahlte Startgelder nicht zurückzuverlangen.
Wer die bisherige Vielfalt des Laufsports erhalten wolle, sei aufgefordert, Solidarität mit den Veranstaltern zu zeigen, die "mit vielen Ideen und Herzblut ihre Läufe über Jahre entwickelt haben und jetzt unverschuldet finanziell an ihre Grenzen stoßen". Mit einem eindringlichen "Wir appellieren an Euer Mitgefühl!" schließt der vom GRR-Vorsitzenden Horst Milde unterzeichnete Aufruf.
"Wir wollen möglichst fair sein"
Eine der ersten deutschen Laufveranstaltungen, die wegen des Coronavirus abgesagt wurde, war der Bienwald-Marathon Kandel mit voraussichtlich 1.800 bis 2.200 Teilnehmern. Der Traditionslauf, 1976 ins Leben gerufen, hätte am 8. März 2020 stattfinden sollen. Das Team um Veranstaltungsleiter Markus Poth, alles Ehrenamtliche aus der Leichtathletikabteilung des TSV 1886 Kandel, hatte sich am Donnerstagabend, den 5. März darauf verständigt, den Bienwald-Marathon abzusagen und einen Ersatztermin zu suchen.
"Wir standen von Anfang an mit dem Gesundheitsamt des Kreises Germersheim in Kontakt. Am Donnerstagvormittag kam die Empfehlung, den Lauf nicht stattfinden zu lassen," berichtet Poth. Dieser Empfehlung hätten sich die Ehrenamtlichen aus dem Leichtathletik-Abteilungsvorstand angeschlossen. "Wir wollten kein Risiko eingehen und auch aus moralischer Sicht auf Nummer Sicher gehen. Das Schlimme für uns war, dass es noch keine einheitliche Regelung gab, vom Land gab es noch keine Ansagen gemacht," so Poth weiter. Zudem hafte bei Fahrlässigkeit der Vereinsvorstand mit seinem Privatvermögen.
Über einen Newsletter an die Teilnehmer, die Presse, einen Ticker der Lokalzeitung, die Veranstaltungshomepage und Social Media seien die Teilnehmer dann über die kurzfristige Absage informiert worden. Offenbar hatte das gut funktioniert. Lediglich zwei Läufer seien am Sonntag zum Start gekommen, die von der Absage des Laufs nichts mitbekommen hatten.
Für die Absage ernteten die Veranstalter auf Facebook zunächst viele negative Reaktionen. Markus Poth zeigte Verständnis: "Wir waren ja genauso frustriert wie die Läufer und können den Frust sämtlicher Läufer verstehen, uns geht es ja nicht anders," sagte er dazu. "Uns war aber von Anfang an klar, dass wir möglichst fair mit unseren Teilnehmern umgehen wollen." Das Team machte sich in Absprache mit dem Zeitnehmer und der Stadt sofort auf die Suche nach einem Ersatztermin, der bereits am 10. März bekannt gegeben werden konnte. Der 45. Bienwald-Marathon Kandel findet nun am 4. Oktober 2020 statt. Durch den Termin in diesem Jahr können auch die bereits bedruckten Startnummern und auch die mit Jahreszahlen versehenen Medaillen noch verwendet werden.
Zusammen mit der Ankündigung des Ersatztermins kündigte der Veranstalter eine kulante Regelung im Umgang mit den bereits gezahlten Startgeldern an: Alle Teilnehmer werden automatisch auf den Herbst umgebucht, alternativ könne man sein Startgeld zurückfordern. Denn natürlich gibt es Läuferinnen und Läufer, die es sich nicht leisten können, einfach so auf 20, 30 Euro, bei größeren Veranstaltungen auch mal über 100 Euro zu verzichten. Dennoch appellierte man in Kandel, ähnlich wie jetzt die GRR, wenn auch deutlich vorsichtiger, an die Teilnehmer, auf eine Rückzahlung zu verzichten: "Wenn ihr auf die Rückzahlung verzichtet, unterstützt ihr das ehrenamtliche Engagement unserer vielen Freiwilligen und helft diese Traditionsveranstaltung aufrecht zu erhalten."
Wenn die Reaktionen auf den Ersatztermin und die kulante Regelung auch sehr positiv ausfielen, hätten dennoch nicht allzu viele Teilnehmer die Option des freiwilligen Verzichts auf die Rückzahlung gewählt, "vielleicht ein Prozent", so Poth nach den ersten Reaktionen. Versichert gegen solche Absagen seien sie nicht gewesen, dennoch stand für den Veranstalter von Anfang an fest, dass alle Sportler ihr Geld zurückbekommen können. Dabei kommt dem Verein auch zugute, dass Stadt, Zeitnehmer und weitere Partner wie die lokalen Sponsoren allesamt sehr kulant auf die Absage reagiert hätten.