Wiedereinstieg nach Corona-Infektion
Long COVID und Laufen

Für einige Läuferinnen und Läufer ist nach einer Corona-Infektion nichts mehr wie zuvor. Was Sie über Joggen und Long COVID wissen sollten.
Sehr erschöpfte Läuferin
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In diesem Artikel:
  • Was ist Long COVID überhaupt?
  • Kann ich trotz Long COVID joggen?
  • Können sich durch Sport meine Long COVID Symptome verschlimmern?
  • Hilft Sport sogar bei Long COVID?
  • Worauf sollte ich als Läufer bei Long COVID besonders achten?

Die Infektion mit Corona ist lange ausgestanden, die akuten Symptome sind weg, aber die körperliche Leistungsfähigkeit will einfach nicht zurückkehren. An Laufen oder anderen Sport ist meist gar nicht zu denken: Kurzatmigkeit und das Gefühl, keine Kondition mehr zu haben, machen den Wiedereinstieg ins Training nach Corona zum Spießrutenlauf. Die Diagnose: Long COVID. Oder Post-COVID-Syndrom. Wir erklären, unter welchen Voraussetzungen der Weg zurück zum Laufen nach der erzwungenen Trainingspause gelingen kann.

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Was ist Long COVID überhaupt?

Long COVID ist eine Erkrankung, die erstmals 2020 aufgetreten und seit 2022 offiziell als Erkrankung anerkannt ist. Entsprechend ist unser Wissen darüber noch eingeschränkt und Erfahrungswerte gibt es nur wenige. Auf der Seite longCOVID-info.de der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung finden Sie Ansprechstellen und den aktuellen Informationsstand. Ursächlich für Long COVID und das Post-COVID-Syndrom ist eine Infektion mit SARS-CoV-2 (COVID-19 oder Corona), die entgegen der ursprünglichen Annahme nicht nur die Lunge schädigen, sondern zu Multiorganschäden führen kann. Wer mehr als vier Wochen nach der Erstinfektion weiterhin oder wiederholt an Folgen wie Atemnot (Dyspnoe) und Schwäche (Fatigue) leidet, bekommt die Diagnose nach mehreren Arztbesuchen schwarz auf weiß: Long COVID. Für Symptome, die drei Monate nach der Erstinfektion für mindestens weitere zwei Monate bestehen, hat sich zusätzlich der Begriff "Post-COVID-Syndrom" etabliert.

Long COVID kann sowohl im Alltag als auch im Sport zu schweren Beeinträchtigungen führen, völlig unabhängig davon, ob Betroffene lediglich eine milde Form von COVID-19 hinter sich haben oder aufgrund einer schweren Infektion im Krankenhaus behandelt wurden. Die häufigsten Symptome sind Atembeschwerden (Dyspnoe), Schlafstörungen, Müdigkeit und eingeschränkte Belastbarkeit (Fatigue), Muskelschwäche und Muskelschmerzen, Brustschmerzen, Herzstolpern oder Herzrasen und Kreislaufbeschwerden oder Ohnmachtsanfälle durch eine kurzfristige Minderversorgung des Gehirns mit Sauerstoff. Depressionen und Angststörungen kommen häufig als psychische Beschwerden hinzu. Charakteristisch ist, dass sich die (subjektiv empfundene) körperliche und geistige Schwäche durch ausreichend Schlaf und Erholung nicht im gewohnten Maß verbessert.

Ziel der Behandlung von Long COVID ist es laut Rehabilitationsempfehlung, die individuellen Symptome so zu stabilisieren und für den Betroffenen berechenbar zu machen, sodass ein Leben mit Alltag und Sport wieder gut möglich wird. Dafür ist die richtige Balance zwischen Ruhe und Aktivität von großer Bedeutung. Ob sich die Symptome der Erkrankung durch sportliche Belastungen wie Joggen verbessern oder verschlimmern, ist individuell unterschiedlich. Dieser Fakt macht die Behandlung und Rehabilitation von Sportlerinnen und Sportlern für alle Beteiligten zu einer Herausforderung. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Rückkehr in den Sport ist, dazu fehlen bisher zuverlässige Daten. Die aktuellen Leitlinien für die Therapie und ausführliche Patienteninformationen finden Sie hier.

Nicht nur die Erkrankung, auch die Impfung kann langfristige Probleme verursachen: Besonders Frauen scheinen mit den Nebenwirkungen der COVID-19-Impfung (langfristig) Probleme zu haben, die denen von Long COVID ähnlich sind. Diese Angaben stützen sich auf Angaben zu Nebenwirkungen, die während der Corona-Pandemie an das RKI gemeldet wurden. Aussagekräftige Studien zu diesem Thema fehlen noch. Seit einiger Zeit wird unter Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen darüber diskutiert, ob eine geringere Dosis der Impfstoffe im Vergleich zu Männern diese Nebenwirkungen bei Frauen bei zukünftigen Impfungen vermeiden könnte.

Kann ich trotz Long COVID joggen?

Die Reaktion auf körperliche Belastung bei Long COVID ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Deshalb ist eine generelle Empfehlung nicht möglich. Mit den folgenden Tipps können Sie Ihren Wiedereinstieg ins Training nach Corona individuell gestalten:

Den Wiedereinstieg in den Sport achtsam vorbereiten

Eine sportärztliche Untersuchung, am besten mit Spiroergometrie, ist für Sportler und Sportlerinnen vor der ersten Laufeinheit Pflicht, um eine Beeinträchtigung des Herzens wie Schmerzen in der Brust oder Herzrasen (Tachykardie) auszuschließen. Eine Pulsoximetrie gibt Aufschluss über die Sauerstoffsättigung des Blutes bei Belastung. Diese sollte bei moderater Anstrengung um nicht mehr als 3 % abnehmen. Gezielte Atemgymnastik sowie Atemübungen, auch im Rahmen einer Meditation, sind eine gute Vorbereitung auf die ersten Trainingseinheiten.

Empfohlen wird vor dem Wiedereinstieg in die körperliche Aktivität zudem, die individuellen Long-COVID-Symptome nach gezielten Belastungen zu beobachten und Verschlimmerungen (Exazerbation) zu notieren. Alle Anzeichen einer Verschlimmerung am Tag der Belastung und in den folgenden drei Tagen sollten dabei festgehalten werden. Auf diese Weise können Sie diejenigen Symptome herausfinden, auf die Sie beim Laufen das Hauptaugenmerk legen sollten. Die jeweilige Belastung sollte niemals zur sogenannten Fatigue (eingeschränkte Belastbarkeit) führen. Erst, wenn Sie so weit sind, sollten Sie wieder die Laufschuhe schnüren.

Den Wiedereinstieg in den Sport sicher und mit Erfolg schaffen

Wichtig beim Wiedereinstieg in den Laufsport, aber auch in jede andere Sportart, ist eine Rückkehr mit kleinen und vorsichtigen Schritten. Und jeder dieser Schritte sollte aufmerksam beobachtet werden. Fühlt sich die sportliche Belastung wie eine normale Trainingseinheit an, können Sie die Trainingsintensität beim nächsten Mal minimal erhöhen – geht es Ihnen nach dem Laufen schlechter, sollten Sie die Belastung beim nächsten Mal wieder leicht reduzieren. Die Kontrolle der Herzfrequenz bei allen sportlichen Aktivitäten kann Studien zufolge beim Wiedereinstieg eine große Hilfe sein und Rückfälle verhindern. Empfohlen wird, grundsätzlich unterhalb der anaeroben Schwelle zu trainieren. Neben den bei Läuferinnen und Läufern beliebten Pulsuhren gibt es spezielle Smartwatches, die recht genaue EKGs durchführen können und Unregelmäßigkeiten der Herzfrequenz anzeigen. Zudem empfehlen Wissenschaftler Betroffenen, ein Aktivitätstagebuch führen, eine Art Trainingstagebuch, in dem sie alle körperlich anstrengenden Tätigkeiten mit Dauer, Anstrengungsgrad auf einer Skala von 1 bis 10 und im Optimalfall die Herzfrequenz eintragen.

Mit einer Aufwärmroutine vor jeder sportlichen Einheit können Sie Ihren Körper auf die Belastung einstimmen. Zwei bis drei Mobilisationsübungen vor dem eigentlichen Training helfen, Körper und Geist zu fokussieren und fördern die Achtsamkeit während des Sports.

Es muss nicht direkt (wieder) Laufen sein

Häufig ist es sinnvoll, nicht direkt mit einer Laufeinheit wiedereinzusteigen, sondern mit flotten Spaziergängen, Walken oder Radfahren zu beginnen. All diese Sportarten fordern das Herz-Kreislaufsystem in geringerem Maße und erleichtern es, möglichst schnell auf negative Veränderungen des Gesundheitszustandes zu reagieren. Ihnen ist Spazierengehen oder Walken für den Anfang zu wenig? Suchen Sie sich eine profilierte Strecke, die ein wenig Pep in Ihre Lauf-Alternative bringt. Bei schönem Wetter können Sie den Anspruch erhöhen, indem Sie barfuß unterwegs sind. Auf einem Laufband oder Crosswalker zu Hause oder im Fitnessstudio können Sie die Belastung genau nachvollziehen, einstellen und anpassen.

Können sich durch Sport meine Long COVID Symptome verschlimmern?

Definitiv: Ja. Viele Betroffenen reagieren sehr empfindlich auf körperliche Belastung, meist hinsichtlich einzelner Symptome. Gerade Sportlerinnen und Sportler berichten über ungewohnt starke Müdigkeit und Abgeschlagenheit sowie Herzklopfen und einen unregelmäßigen Puls an den ersten beiden Tagen nach dem Training. Es ist deshalb sehr wichtig, dass Sie Ihren Körper unmittelbar nach dem Training und an den darauffolgenden Tagen genau beobachten und insbesondere eine Verschlechterung der Symptome genau notieren. Weil die Erkrankung noch sehr jung ist, fehlen aktuell noch Langzeitstudien über langfristige gesundheitliche Folgen und Risiken, die sich durch sportliche Überlastung ergeben.

Hilft Sport sogar bei Long COVID?

Eine Corona-Infektion kann das Atmungssystem schädigen. Dabei wird die Atemmuskulatur (u. a. das Zwerchfell (Diaphragma)) durch das Virus selbst sowie durch eine eventuelle Beatmung im Krankenhaus geschwächt. Sportliche Betätigung verbessert die Leistungsfähigkeit der Atemmuskeln und kann somit zu einer Verbesserung der Atemkapazität beitragen. Menschen mit Herzbeschwerden profitieren per se ebenfalls von körperlicher Aktivität. Wichtig ist bei bekannten Problemen jedoch die nahtlose Überwachung der Herzfrequenz während des Sports.

Laufen und andere Sportarten sind zudem einer der wichtigsten Pfeiler in der Therapie von Depressionen und Angststörungen. Regelmäßige Ausdauerbelastungen können die Stimmung und Motivation verbessern und somit dazu beitragen, dass Sie Rückschläge beim Wiedereinstieg in den Sport nach einer Corona-Infektion besser verkraften.

Worauf sollte ich als Läufer bei Long COVID besonders achten?

Vermeiden Sie unbedingt sportliche Belastungen, die zu einer Verschlechterung der Symptome am selben Tag und in den Tagen nach dem Laufen oder anderen Trainingseinheiten führen. Behalten Sie immer im Hinterkopf, dass Ihr Körper möglicherweise erst bis zu 48 Stunden nach dem Sport auf die Belastung reagiert. Wenn dies der Fall ist, gilt sofort: Pause machen! Ohne Wenn und Aber. Eine kontinuierliche Überwachung der Herzfrequenz beim Sport kann Ihnen helfen, Rückfälle zu vermeiden.

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04 / 2023

Erscheinungsdatum 16.03.2023

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