33 Kilogramm Zucker nimmt jeder von uns im Schnitt pro Jahr zu sich. Dabei brauchen wir den Süßstoff im Grunde gar nicht, denn unser Körper kann ihn aus der Stärke aus Brot oder Nudeln selbst herstellen. Nicht nur dass: Die Ernährungsexperten weltweit sind sich einig, dass Zucker, zumindest wenn man regelmäßig zu viel davon konsumiert, sogar hochgefährlich ist.
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Neben Übergewicht und Karies drohen schwerwiegende Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und möglicherweise sogar Krebs. Dennoch können wir Läufer kaum auf den schnellen Energielieferanten Zucker verzichten. Im Folgenden erklären wir, was Zucker ist und wann wir ihn als Läufer brauchen.

Wozu brauchen wir als Läufer Zucker?
Wenn wir Sport treiben, verbrennen wir Energie, die wir zuvor mit der Nahrung aufgenommen haben. Diese Kalorien können aus Fett, Eiweiß oder Kohlenhydraten stammen. Da Letztere schneller verstoffwechselt werden als Fett und Proteine, greift der Körper zuerst auf sie zurück, sobald der Energieverbrauch schlagartig ansteigt, wie etwa beim Laufen, aber auch beim Kraftsport oder beim Möbelpacken. Er kann Energie auch aus Fett und Eiweiß gewinnen, doch das geht längst nicht so schnell und reicht für hochintensive Belastungen nicht aus.
Aber auch wenn wir keinen Sport machen und uns nur wenig bewegen, etwa wenn wir im Büro am Schreibtisch oder zu Hause auf der Couch sitzen, verbrennt der Körper beträchtliche Mengen an Kalorien. Allein das Gehirn, das mit Fett und Eiweiß nichts anfangen kann, verzehrt täglich rund 100 Gramm Zucker. Das sind fast 400 Kalorien!
Sportler bevorzugen daher meist eine Ernährung, die zu großen Teilen aus Kohlenhydraten besteht, und gehen dabei oft noch über die Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) hinaus, die schon für „Normalverbraucher“ einen Anteil von mindestens 50 Prozent an der Gesamtkalorienaufnahme vorsieht. Je mehr wir trainieren und je schneller wir laufen, desto höher ist unser Kohlenhydratkonsum. Kenianische Eliteläufer beziehen sogar drei Viertel ihres Energiebedarfs aus kohlenhydratreichen Lebensmitteln wie Ugali (ein Maisbrei), Reis und purem Zucker.
Was genau ist Zucker?
Wenn wir von Zucker sprechen, meinen wir meist weißen Haushaltszucker, der aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben gewonnen wird. Daneben gibt es aber noch viele weitere Zuckerarten, wie Fruchtzucker, Traubenzucker oder Milchzucker, die ebenfalls süß schmecken und ähnliche Wirkungen auf den Körper haben. Chemisch betrachtet gehören all diese Zuckerarten zu den Kohlenhydraten, die durch Photosynthese in Pflanzen gebildet werden und zusammengenommen fast zwei Drittel der Biomasse auf unserem Planeten ausmachen.
Nach der Anzahl der Molekülbausteine unterscheidet man die Kohlenhydrate in Einfach-, Zweifach-, Mehrfach- und Vielfachzucker. Einfachzucker oder Monosaccharide kommen in der Natur zum Beispiel in Honig und in Früchten vor. Haushaltszucker, also die Saccharose aus Zuckerrüben und Zuckerrohr, besteht je zur Hälfte aus den Einfachzuckern Glukose (Traubenzucker) und Fruktose (Fruchtzucker). Er wird deshalb wie Laktose (Milchzucker) und Maltose (Malzzucker) zu den Zweifachzuckern gezählt. Laktose setzt sich wiederum aus Glukose und Galaktose zusammen.
Fast alle Zuckerarten dienen dem Körper als Energielieferanten. Wesentlich für unseren Organismus ist vor allem Glukose (Traubenzucker): Sie ist der wichtigste Brennstoff für die Zellen und das Gehirn. Das heißt aber nicht, dass wir ständig Traubenzucker in Reinform zu uns nehmen müssen, denn unser Organismus kann Glukose aus anderen Zuckerarten selbst herstellen, etwa aus der Stärke, die in Brot, Nudeln oder Kartoffeln enthalten ist. Während der Verdauung wird der Zucker vom Darm aus schnell ins Blut gebracht und liefert binnen kürzester Zeit Energie.
Stärke ist ein Mehrfachzucker (Polysaccharid), dessen Moleküle aus langen Ketten von Einfachzuckern wie Glukose aufgebaut sind. Diese komplexen Moleküle werden bei der Verdauung im Körper aufgespalten, was allerdings länger dauert als bei kürzeren Zuckermolekülen. Auch die Zellulose pflanzlicher Zellwände ist ein Mehrfachzucker, für unseren Körper aber unverdaulich. Diese Nahrungsbestandteile spielen als sogenannte Ballaststoffe bei der Verdauung aber ebenfalls eine sehr wichtige Rolle. Generell kann man sagen: Je komplexer die Kohlenhydrate, desto langsamer werden sie verstoffwechselt oder anders gesagt: desto langsamer liefern sie Energie.

Was bewirkt Zucker im Körper?
Um mit der Nahrung aufgenommene Kohlenhydrate nutzen zu können, spaltet unser Körper diese durch Verdauungsenzyme in den Einfachzucker Glukose auf. Je kürzer die Zuckerketten, desto einfacher ist die Aufspaltung und desto schneller steht die Glukose als Energiequelle zur Verfügung. Sobald diese ins Blut gelangt, schüttet der Körper das Hormon Insulin aus. Dieses sorgt dafür, dass die Glukose in die Zellen aufgenommen wird, wo sie entweder verbraucht oder zu Glykogen verarbeitet und gespeichert wird.
Der Haken an der Sache: Wenn größere Mengen Glukose ins Blut gelangen, etwa aus Süßigkeiten oder zuckerhaltigen Getränken, der Blutzuckerspiegel also schnell stark ansteigt, reagiert der Körper mit einer ebenso starken Insulinausschüttung, um den Spiegel wieder abzusenken. Dadurch wird zwar die Glukose rasant abgebaut, doch das starke Absacken des Spiegels führt dazu, dass sich anstelle eines natürlichen Sättigungsgefühls sogar Heißhunger auf noch mehr Zucker einstellt. Dies kann zu einem regelrechten Kreislauf werden, zumal kohlenhydratreiche Nahrung dazu führt, dass unser Gehirn Endorphine ausschüttet. Sprich: Zucker macht glücklich, aber leider auch süchtig.
Abgesehen von den damit verbundenen gesundheitlichen Risiken wie Diabetes und Bluthochdruck macht zu viel Zucker schlichtweg dick. Wenn die Glykogenspeicher voll sind und nicht genutzt werden (wie etwa fürs Laufen), dann wird jede weitere Zuckerzufuhr als Energiereserve „für schlechte Zeiten“ in Fett umgewandelt. Und diese Pölsterchen wieder loszuwerden ist bekanntlich verdammt schwer.
Hinzu kommt, dass während der Insulinausschüttung die Fettverbrennung blockiert wird. Je mehr Zucker wir zu uns nehmen und je weniger wir uns bewegen, desto stärker wirkt dieser Effekt. Für Läufer mit einer hohen wöchentlichen Kilometerleistung spielt das im Hinblick auf die Figur zwar keine Rolle, aber auch Ambitionierte laufen bei einem ungebremsten Kohlenhydratkonsum Gefahr, ihren Fettstoffwechsel und so auch ihre Ausdauerleistungsfähigkeit zu beeinträchtigen.
Wie viele Kohlenhydrate braucht man als Läufer?
Bei langsamen bis ruhigen Dauerläufen bis zu etwa 70 Prozent der maximalen Sauerstoffaufnahmekapazität kann der Körper die erforderliche Energie zum Großteil aus seinen Fettreserven gewinnen. Diese sind auch bei schlanken Menschen schier unbegrenzt und würden theoretisch für mehrere Hundert Kilometer lange Läufe reichen. Kohlenhydrate werden bei solch niedriger Intensität zwar auch verbrannt, müssen aber nicht zugeführt werden.
Bei zunehmender Belastungsintensität steigt dann der Anteil der Kohlenhydrate an der Energiegewinnung. Im Wettkampf und für intensives Training ist der Supertreibstoff dann unentbehrlich, da Proteine und Fette nicht schnell genug verwertet werden, um den Körper rasch mit maximaler Energie zu versorgen. Zwei bis drei Stunden vor intensiven Belastungen sollte man daher eine kohlenhydratreiche, fettarme Mahlzeit zu sich nehmen. Wer beim Laufen leicht Magenprobleme bekommt, sollte dabei auf Ballaststoffe eher verzichten.
Die so gefüllten Glykogenspeicher liefern Energie für etwa 60 bis 90 Minuten. Deren Kapazität ist nämlich arg begrenzt: Nur 300 bis 500 Gramm Glykogen, umgerechnet maximal 2.000 Kalorien, können in den Zelldepots von Muskeln und Leber eingelagert werden. Bei länger anhaltenden Belastungen muss deshalb unterwegs nachgefüllt werden wie etwa mit glukosehaltigen Energiedrinks oder -gels. Das ist auch wichtig für eine einwandfreie Hydrierung.

Wie können wir als Läufer unsere Abhängigkeit von Zucker reduzieren?
Um möglichst lange ohne Leistungseinbruch laufen (oder Rad fahren) zu können, sollte man seinen Fettstoffwechsel trainieren. Denn wenn der Körper permanent Kohlenhydrate zur Verfügung gestellt bekommt, hat er keinen Grund, mühsam Energie aus seinen Fettdepots zu verwerten, und „verlernt“ am Ende geradezu, wie das überhaupt geht.
Zum Glück lässt sich dies aber ganz leicht bewerkstelligen: Durch regelmäßiges Training im aeroben, also submaximalen Bereich verbessert sich nämlich die Sauerstoffaufnahmefähigkeit der Zellen, wodurch wiederum der Anteil der Fettverbrennung an der Energiebereitstellung erhöht wird. Dies ist der Grund, warum lange Läufe gemäßigter Intensität ein unverzichtbarer Bestandteil jedes Marathontrainingsplans sind. Der Körper lernt dadurch, die wertvollen Glykogenreserven im Wettkampf länger zu schonen und stattdessen mehr Fett zu verbrennen.
Manche Experten propagieren sogar ein „Nüchterntraining“ mit leeren Glykogenspeichern, um den Körper regelrecht dazu zu zwingen, auf seine Fettreserven zurückzugreifen und so den Fettstoffwechsel mit der Zeit immer besser auszureizen. Der Zusatzkick aus Kohlenhydraten wird nur genutzt, wenn der Körper ihn wirklich braucht, also im Wettkampf und für schnelle Läufe. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass häufige oder harte Belastungen mit leeren Glykogenspeichern das Immunsystem belasten. Man sollte dies also nicht immer und nur in Maßen tun.
Der bekannte Ernährungsberater Wolfgang Feil, unter anderem Berater von Arne Gabius, rät zum Beispiel, zweimal in der Woche nicht länger als 60 Minuten nüchtern zu trainieren. Zudem empfiehlt er, sich in der Nachsaison stärker auf die Fettverbrennung zu fokussieren und erst ab dem Frühjahr für die Wettkampfvorbereitung wieder auf Kohlenhydrate zurückzugreifen. Letztlich muss aber jeder selbst ausprobieren, mit welchen Nährstoffen er sich im Alltag und im Training am besten fühlt.
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