Was ist ein Fahrtspiel?
Ein Fahrtspiel ist eine flexible und abwechslungsreiche Art des Tempotrainings im Laufsport. Das Wort stammt vom schwedischen „Fartlek“. Ein Fahrtspiel ist das „Spiel mit der Fahrt“, dem Tempo. Das Wichtigste bei dieser Trainingsform ist das „Spiel“. Der Läufer oder die Läuferin spielt mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, mal schnell, mal langsam nach Lust, Laune und Streckenprofil. In diesem Artikel finden Sie neben einer ausführlicheren Erklärung zum Fahrtspiel und zu seinen Ursprüngen und der Geschichte auch viele Tipps zur Durchführung.
Wie läuft die Trainingsmethode Fahrtspiel ab?
Ein Fahrtspiel sollten Sie auf weichem Boden im Wald, möglichst in leicht profiliertem Gelände, auf nicht abgemessenen Strecken durchführen. Nach einer Aufwärmphase von 15 Minuten wechseln sich verschieden lange Laufabschnitte in unterschiedlichem Lauftempo ab, vom zügigen Dauerlauf bis zum Sprint, dazwischen wird locker getrabt.
Das Fahrtspiel schreibt kein genaues Trainingspensum und vor allem keine genaue Trainingsintensität vor. Der Läufer bzw. die Läuferin bestimmt das Tempo und die Länge der einzelnen Belastungsteilstücke selbst. Beim Fahrtspiel sollte man keiner extrem genau einzuhaltenden Trainingsvorschrift nachkommen, sondern „dem eigenen Anstrengungsrhythmus gehorchen“, so Gösse Holmers, der Begründer dieser Trainingsmethode.
Beim Fahrtspiel liegt es im Ermessen der Läuferin oder des Läufers, wann und wie lange welches Tempo gelaufen wird. Ein Fahrtspiel umfasst kurze Sprints über 50 bis 100 Meter Länge, schnelle Abschnitte über 30 Sekunden bis drei Minuten und zügige Passagen von über drei Minuten Dauer. Vernünftig ist es, während einer Belastung feste topographische Ziele zu wählen, bis zu denen ein angeschlagenes Tempo durchgehalten wird (bis zur nächsten Bank, zum dritten Laternenmast, der kommenden Weggabelung usw.). Sicherlich gibt einem die Methodik des Fahrtspiels auch die Möglichkeit, sich nur von spontanen Einfällen im Training leiten zu lassen. Dies macht aber eine Übersicht über die absolvierten Trainingsreize unmöglich.
Auch beim Fahrtspiel sollten Belastung und Erholung im richtigen Verhältnis stehen, damit das Lauftraining zum Erfolg, sprich zu einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit führt. Das bedeutet, auf eine harte Tempobelastung muss immer eine ruhige Laufpassage oder Gehpause folgen. Je schneller und länger ein Teilabschnitt war, desto ausführlicher muss die (Trab-)Pause sein.
So wird’s gemacht
Beim Fahrtspiel müssen Sie sich, wie bei jeder Trainingseinheit, die ein hohes Tempo anspricht, ausreichend einlaufen. Beginnen Sie also mit 10 bis 15 Minuten lockerem Joggen. Die ersten Tempobelastungen im Fahrtspiel sollten leichte Steigerungen sein, das heißt Läufe über 50 bis 100 Meter Länge, bei denen das Tempo kontinuierlich bis zum Sprint gesteigert wird. Nach einer ausreichenden Trabpause empfiehlt sich zum „Einrollen“ ein längerer Abschnitt in zügigem Tempo, bevor Sie ganz schnelle Belastungen einstreuen.
Ein Lauf in vollem Tempo sollte nie länger als zirka 200 Meter sein und unbedingt mit einer Trabpause bis zur völligen Erholung nachbereitet werden. Nach einigen kurzen und schnellen Abschnitten mit Erholungspausen sollten Sie wieder ein oder zwei zügige, aber längere Teilstrecken einbauen. Zum Abschluss des Fahrtspiels bietet es sich an, noch einmal einige Steigerungen zu absolvieren. Achten Sie dann beim anschließenden Auslaufen in den letzten 10 bis 15 Minuten der Trainingseinheit unbedingt auf ein betont langsames Tempo.
Wie lange dauert ein Fahrtspiel?
Für den Hauptteil eines Fahrtspiels können Sie je nach Zeit, Fitness und Trainingsziel 10 bis 60 Minuten einplanen. Inklusive Ein- und Auslaufen kommen Sie damit auf eine Gesamtdauer der Trainingseinheit von 30 bis 90 Minuten.
Für wen eignet sich das Fahrtspiel?
Das Fahrtspiel ist eine Trainingsmethode für Menschen, die dreimal und mehr pro Woche laufen. Laufanfängerinnen und -anfänger sollten nach dem Prinzip trainieren: Erst das Ausdauertraining, dann die Schnelligkeit. Wenn Sie etwa eine Stunde am Stück langsam laufen können, können Sie Fahrtspiele und andere Tempotrainingseinheiten in Ihr Trainingsprogramm integrieren.
Wie oft sollte ich das Fahrtspiel machen?
Wer dreimal pro Woche läuft, sollte dabei einmal „mit der Fahrt spielen“. Wer fünf- bis siebenmal pro Woche läuft, kann zweimal wöchentlich ein Fahrtspiel ins Training integrieren. Fahrtspiel und Tempoläufe auf der Bahn schließen sich nicht aus. Eine wöchentliche Kombination bietet sogar einen idealen Trainingseffekt. (Vorsicht: genügend Regenerationstage zwischen beiden Tempoeinheiten.)
Was bringt das Fahrtspiel? Die Vorteile (und die Nachteile)
Das Fahrtspiel sollte in keinem fortgeschrittenen Laufprogramm fehlen, denn seine Vorzüge sind nicht von der Hand zu weisen. Doch auch für alle, die keinem festen Trainingsplan folgen, ist das Fahrtspiel eine wunderbare Laufeinheit, die sie ganz nach Lust und Laune in ihr Lauftraining einstreuen können.
Die Vorteile
- Das Fahrtspiel bringt Abwechslung in den Trainingsalltag.
- Das Fahrtspiel hat durch die unterschiedlichen, aber dennoch intensiven Belastungen einen hohen Trainingseffekt.
- Das Fehlen überprüfbarer Trainingsvorgaben verhindert das Scheitern an Trainingszielen und die folgenden psychischen Negativ-Belastungen.
- Der fatale Muss-Charakter einer Bahntrainingseinheit ("nach 4:00 Minuten muss ich bei der 1.000-m-Marke sein...") wird negiert.
- Die Trainingsgestaltung nach dem eigenen Gefühl und nicht nach vorgeschriebenen Trainingsprogrammen beugt einer Überlastung und einem Übertraining vor.
- Das Training auf weichem Waldboden ohne die einseitige Belastung der Rundbahn beugt Verletzungen vor.
- Die Läuferin oder der Läufer lernt über die Dauer eines Fahrtspiels beziehungsweise einiger Fahrtspiele seinen Körper besser einzuschätzen als in einem vorgeschriebenem Trainingsprogramm.
- Das Fahrtspiel ermöglicht, aktiv an der Gestaltung des Trainings teilzunehmen, unabhängig von einem Trainer oder einer Trainerin.
- Das Fahrtspiel bereitet mit seinem unkonventionellen Belastungsverlauf die Unvorhersehbarkeiten entscheidender Wettkampfsituationen (Zwischenspurt, plötzliche Tempoverschleppung oder -forcierung) besser vor als ein gleichförmiges Belastungsprogramm.
Die Nachteile
- Das Fahrtspiel bedingt das Vorhandensein eines entsprechenden natürlichen Trainingsgebietes (die Trainingsinhalte sind aber auch auf ein Training auf der Straße übertragbar, was aber dem ursprünglichen Trainingsprinzip des Fartleks widerspricht).
- Das Fahrtspiel ist in einer Gruppe nicht durchführbar, da sich Tempo und Dauer einer Belastung nach individuellen Gefühlen gestalten. (Eine Fahrtspiel-Variante ist für eine Gruppe gleichstarker Läufer denkbar, bei der vor jeder Belastung abgestimmt wird, wie lange und schnell sie etwa sein sollte.)
- Die Belastungen im Rahmen eines Fahrtspiels sind schwer nachzuvollziehen und somit auch bei einer vergleichenden Trainingsauswertung kaum brauchbar.
Was ist der Ursprung des Fahrtspiels?
Kaum jemand kennt heute noch die Ideen und Ausführungen des schwedischen Trainers Gösse Holmers. Nicht einmal sein Name ist den meisten Läuferinnen und Läufern geläufig. Er war gemeinsam mit Gösta Olander der Begründer einer Trainingsmethode, die man die „schwedische Trainingslehre“ nannte, und aus der er später das „schwedische Fahrtspiel“ entwickelte. Das Training der beiden Schweden ist in seinem Prinzip der Grundstein vieler Trainingsmethoden erfolgreicher Trainer geworden.
1930 entschloss sich Gösse Holmers, etwas Neues auszuprobieren. Es war die Zeit der großen finnischen Langstreckenerfolge und somit auch die Zeit des Trainings nach dem Intervallprinzip eines Paavo Nurmi, der schon damals auf der Bahn kurze, scharfe, in ihrer Länge exakt festgelegte Tempoläufe mit Pausen wiederholte.
Holmers lehnte die Auffassung ab, „dass ein Läufer genau abgesteckte Trainingsstrecken in seinem täglichen Training laufen sollte“. Er wollte „den Läufern mehr Freiheit geben in der Eigengestaltung ihres Trainings, ihnen ermöglichen, mehr Verständnis und Einblick in das Wesen des Trainings zu gewinnen und sie damit in den Stand versetzen, das Training mehr nach ihrer eigenen Individualität aufzubauen“. So entwickelte Holmers die Trainingsmethode, die er „Fartlek“ nannte.
Was ist der Unterschied zwischen Fahrtspiel und Intervalltraining?
Wie Sie in der Erklärung oben bereits gelesen haben, ist das Fahrtspiel eine spielerische, aber durchaus fordernde und effektive Tempotrainingseinheit, meist in profiliertem Gelände auf natürlichen Untergründen. Sie dosieren Distanzen und Tempo der Belastungen relativ spontan, nach subjektivem Anstrengungsempfinden und anhand des Geländes.
Ein Intervalltraining führen Sie in der Regel auf einer Laufbahn mit Tartan- oder (inzwischen seltener) Aschenbelag durch. Beim Intervalltraining sind Belastungen (die Tempoläufe) und Pausen (die Intervalle) exakt vorgegeben. Typische Trainingseinheiten sind zum Beispiel: 10 x 400 Meter schnell mit 200 Metern Trabpause; 6 x 800 Meter schnell mit 400 Metern Trabpause; aber auch 3 x 2.000 Meter zügig mit 1.000 Meter Trabpause. Gerade Intervalltrainings mit längeren Tempoläufen, die im Halbmarathon- oder Marathontraining wichtig sind, werden auch gern auf der Straße durchgeführt.
Irgendwann in den 1980er Jahren setzte sich in Holland und Deutschland der Begriff „Fahrtspiel“ zunehmend auch für eine Trainingsmethode durch, die das ursprüngliche Fahrtspiel von Gösse Holmers mit der Methode der Tempoläufe kombiniert. Belastungen und Pausen werden wie bei einem Intervalltraining in ihrer Dauer und im Tempo exakt vorgegeben, aber das Training auf der Straße oder im Wald, nicht auf der Bahn absolviert. Dabei dienen vermessene Strecken nur als Orientierung, um ein vorgeschriebenes Tempo einzuschätzen.
Zumeist ist der Aufbau der Belastungen dieser Trainingseinheit pyramidisch (Beispiel: 3 min, 6 min, 9 min, 6 min, 3 min Belastung mit Trabpausen). Vor allem der Holländer Gerard Nijboer hatte mit dieser Trainingsmethode großen Erfolg (Olympiasilber im Marathon 1980 in Moskau). Auch Winfried Aufenanger, der Bundestrainer der deutschen Marathonläufer in den 1980er und 1990er Jahren, favorisierte diese Trainingsmethode.
Übrigens muss niemand, der sich für das Fahrtspiel als Trainingsform für sein Lauftraining entscheidet, auf das Intervalltraining verzichten. Abwechslung heißt das Zauberwort, denn Fahrtspiele, Tempoläufe im Rahmen eines Intervalltrainings und auch das Pyramidentraining, egal, ob im Gelände, auf der Bahn oder auf der Straßen, können sich in einem Wochentrainingsplan gut ergänzen oder abwechseln – je nach Trainingshäufigkeit.
Fazit: Abwechslungsreiches und effektives Tempotraining in der Natur
Das Fahrtspiel ist eine tolle Trainingseinheit, das Laufspaß im Gelände mit effektivem Tempotraining kombiniert. Es eignet sich für alle fortgeschrittenen Läuferinnen und Läufer, gerade für diejenigen, denen ein Intervalltraining zu eintönig ist oder die mit rigiden Zeitvorgaben nicht gut zurechtkommen. Idealerweise führen Sie das Fahrtspiel in profiliertem Gelände auf natürlichem Untergrund durch. Nach dem Einlaufen schließt sich der 10- bis 60-minütige Hauptteil der Trainingseinheit an. Starten Sie mit leichten Steigerungsläufen und einem längeren Abschnitt in zügigem Tempo, bevor Sie härtere Belastungen einstreuen. Nach den einzelnen Belastungen traben Sie bis zur völligen Erholung. Am Ende das Auslaufen nicht vergessen.