Die Grundschnelligkeit ist einer der entscheidenden, aber oft unterschätzten Bausteine im Lauftraining – egal, ob du Freizeitläuferin oder ambitionierter Marathonläufer bist. Wer an seiner Geschwindigkeit feilen möchte, denkt oft an Tempoeinheiten oder lange Ausdauerläufe. Doch die Basis für jede Form von Tempohärte ist die Grundschnelligkeit. In diesem Artikel erklären wir, was es mit diesem Begriff auf sich hat, wie du deine Grundschnelligkeit verbessern kannst und warum sie eine Schlüsselrolle für dein gesamtes Leistungspotenzial spielt.
Was ist die Grundschnelligkeit?
Zu den konditionellen Fähigkeiten zählt neben Kraft, Ausdauer, Koordination und Beweglichkeit natürlich auch Schnelligkeit. Grundschnelligkeit bildet „eine allgemeine Grundlage für die Ausprägung der speziellen Schnelligkeitsfähigkeiten als leistungsbestimmende Faktoren“, steht im Lexikon sportwissenschaftlicher Begriffe. Wer über eine gute Grundschnelligkeit verfügt, kann nicht nur schnell rennen, sondern auch generell unterschiedliche sportliche Bewegungen schnell ausführen. Beim Laufen meint die Grundschnelligkeit das Leistungsvermögen auf im Vergleich zur Wettkampfdistanz sehr kurzen Strecken, also die maximale Sprintgeschwindigkeit. Sie ist aber auch leistungsbestimmend bei längeren Wettkämpfen, denn auch mit idealem Ausdauertraining ist dein maximales Renntempo durch deine Unterdistanzleistungsfähigkeit beschränkt.
Schnelligkeit wird zudem in die beiden Varianten Aktionsschnelligkeit und Reaktionsschnelligkeit unterschieden. Aktionsschnelligkeit bedeutet, Bewegungen mit höchster Geschwindigkeit so schnell wie möglich auszuführen, wie es etwa beim Sprinten der Fall ist. Reaktionsschnelligkeit beschreibt die Fähigkeit, auf Reize und Signale schnellstmöglich zu reagieren – etwa wie beim Start eines Wettkampfes.
Warum ist die Grundschnelligkeit für Läufer wichtig?
Auch wenn sie primär aus dem Sprintbereich bekannt ist, spielt die Grundschnelligkeit auch im Ausdauersport eine zentrale Rolle. Viele Läuferinnen und Ausdauersportler fokussieren sich ausschließlich auf Kilometerumfang, Tempo und Laktatschwelle – dabei entscheidet oft die Grundschnelligkeit über den entscheidenden Unterschied:
- Eine gut ausgeprägte Grundschnelligkeit bildet die Basis für alle weiteren Trainingsbereiche, wie Tempodauerläufe oder Intervalltraining. Sie verhilft dir also insgesamt zu einem höheren Leistungsniveau.
- Ökonomisierung des Tempos: Wenn deine maximale Laufgeschwindigkeit steigt, fällt es deinem Körper leichter, ein submaximales Tempo (z. B. dein Marathonrenntempo) effizient und ermüdungsfrei zu halten. Das heißt, du kannst mehr Tempo bei gleichem Krafteinsatz bringen.
- Besonders in Wettkämpfen mit taktischen Komponenten, wie bei 10-Kilometer-Rennen oder auf der Halbmarathon-Distanz, ist es von Vorteil, wenn du Überholvorgänge oder Tempoänderungen ohne Laktat-Einbußen mitgehen kannst.
- Schnellkrafttraining stärkt deine Sehnen, Bänder und Gelenke. Dadurch sinkt das Risiko von Verletzungen und Überlastungen.
- Sprint-Finish: Selbst in einem lockeren Volkslauf kann ein schneller Endspurt über Platzierungen entscheiden – vorausgesetzt, du hast die nötige Grundschnelligkeit.
Warum sollte ich meine Grundschnelligkeit kennen?
Als Läuferin ist es wichtig, die eigenen Fähigkeiten einschätzen zu können. Es ist gut zu wissen, wo deine Maximalgeschwindigkeit auf 100 Metern, 400 Metern oder fünf Kilometern liegt. Je länger du läufst und je mehr Wettkämpfe du absolvierst (wenn du denn überhaupt Lust darauf hast), desto mehr Bestzeiten sammelst du auf unterschiedlichen Distanzen.
Realistische Ziele setzen
Das hilft dir auch, zu erkennen, welche Laufzeit du als nächstes anvisieren kannst. Aus einer aktuellen 5-km-Zeit kannst du gut eine realistische Zielzeit für den nächsten Zehner berechnen, und aus deiner aktuellen Halbmarathonzeit, wie schnell du einen Marathon angehen kannst. Auch die Geschwindigkeit, die du bei den Tempoläufen im Intervalltraining anschlägst, lässt sich anhand deiner Bestzeiten sehr gut bestimmen.
In den richtigen Trainingszonen trainieren
Hilfreich ist außerdem, die maximale Herzfrequenz zu kennen, da viele Trainingspläne auf das Trainieren nach Puls ausgelegt sind. Einen Tempodauerlauf etwa absolvierst du in gleichbleibendem, recht zügigen, aber nicht extrem schnellem Tempo bei einer Herzfrequenz von etwa 85 bis 88 Prozent des Maximalpulses. Diesen solltest du für das Training also kennen. Nach Puls zu trainieren hat den Vorteil, dass du auch beim Training unter ungünstigen Bedingungen (Hitze, Wind, profilierte Strecke) einfach die richtige Intensität für dein Training finden und halten kannst und dich nicht überforderst. So bist du sicher, dass du immer in dem für den Körper angemessenen Bereich trainierst. Die maximale Herzfrequenz kannst du mit verschiedenen Methoden herausfinden. Häufig zeigen Laufuhren die persönlichen Herzfrequenz-Bereiche an. Wer es ganz genau wissen möchte, der sollte überlegen, eine Leistungsdiagnostik zu machen.
Wie lässt sich die Grundschnelligkeit messen?
Die einfachste Methode zur Messung der Grundschnelligkeit sind standardisierte Sprinttests über 30 oder 50 Meter aus dem Stand. Wichtig ist dabei eine saubere Zeitmessung – idealerweise mit zwei Personen: Eine gibt das Startsignal, die andere stoppt an der Ziellinie. Die Ausgangsmessung ist zwar wichtig – aber noch wichtiger ist die kontinuierliche Arbeit an der Verbesserung deiner Schnelligkeit. Nur so kannst du deine Grundschnelligkeit auch verbessern. Achte bei der Messung immer auf vergleichbare Bedingungen (z. B. Wind, Temperatur, Laufuntergrund), um die wahren Veränderungen erkennen zu können.
Weitere Methoden sind:
- 200-, 300- oder 400-Meter-Zeitläufe: Diese Distanzen sind lang genug, um über die reine Reaktionsschnelligkeit hinauszugehen, aber kurz genug, um nicht von der Ausdauer dominiert zu werden.
- Flying Sprints (z. B. 20 m mit Anlauf): Hier wird die Maximalgeschwindigkeit mit Anlauf gemessen – besonders relevant für leistungsorientierte Athleten.
- In einigen Spielsportarten wird die Grundschnelligkeit mit sogenannten Reaktionsschnelligkeitstests gemessen. Hier wird gemessen, wie schnell du auf ein akustisches oder visuelles Signal reagieren kannst. Diese Messung wird jedoch seltener im Laufbereich angewandt.
- Vergleichswerte im Training: Notiere deine Zeiten bei Wiederholungssprints (z. B. 4 × 40 m mit Pause) und beobachte den Verlauf über deine Trainingswochen.
So trainierst du deine Grundschnelligkeit effektiv
Deine Grundschnelligkeit, also dein maximales Tempo auf sehr kurzen Distanzen, kannst du nur in gewissem Maße trainieren, und zwar durch intensives Sprint- und Tempotraining, möglichst ergänzt durch laufspezifisches Krafttraining und Lauf-ABC Übungen zur Verbesserung der Lauftechnik. Für den Lauferfolg bei den klassischen Straßenlaufdistanzen ist deine Grundschnelligkeit zwar wichtig, aber noch entscheidender ist, was du auf die Länge der Distanz daraus machst. Neue Bestzeiten lassen sich dabei am schnellsten durch regelmäßiges Tempotraining erreichen.
Grundlagenausdauer
Daneben brauchst du aber unbedingt eine solide Ausdauergrundlage, du solltest also auch viel Wert auf das Training deiner Grundlagenausdauer legen. Denn einerseits ermöglicht deine Grundlagenausdauer es erst, dass du ausreichend und auch intensiv genug trainieren kannst, um schneller zu werden. Und andererseits kannst du mit einer guten Ausdauer das Tempo, das du aufgrund deiner Grundschnelligkeit rennen kannst, auch auf längere Strecken übertragen. Für alle Läuferinnen, egal ob hobbymäßig oder professionell, lässt sich die Regel aufstellen, dass 70 bis 80 Prozent des Trainings mit Dauerläufen gefüllt sein sollten, während etwa 20 bis 30 Prozent Tempoeinheiten sein können. Läufst du zum Beispiel viermal die Woche, kann einer der Läufe ein Tempotraining sein.
Ein solches Tempotraining schult die Tempohärte und die Schnellkraft. Du wirst förmlich merken, wie du mit jedem Lauf die Geschwindigkeit besser durchhalten kannst. Das liegt daran, dass sich durch das regelmäßige Tempotraining die aerob-anaerobe Schwelle nach oben verschiebt. Das ist der Bereich, in dem sich das Sauerstoffangebot und der Sauerstoffverbrauch in den Körperzellen gerade noch so die Waage halten.
Tempodauerläufe und Intervalltraining
Es gibt beim Tempotraining verschiedene Varianten, etwa ein Intervalltraining mit schnellen Tempoläufen und Trabpausen. Aber auch Fahrtspiele und Bergläufe machen dich schneller. Wenn du lernen willst, über eine längere Distanz ein für dich zügiges Tempo zu halten, solltest du vor allem den Tempodauerlauf regelmäßig in deinen Trainingsplan integrieren. Dies ist ein sehr zügiger Dauerlauf bei einer maximalen Herzfrequenz von 85 bis 88 Prozent. Das ist der Bereich, in dem der Körper kurz vor der Übersäuerung steht. Diese Trainingsform ist äußerst effektiv, aber auch sehr anstrengend und daher nichts für blutige Anfänger. Wer schon etwas erprobter ist, dem sei diese Trainingseinheit aber wärmstens ans Herz gelegt.
Welche verschiedenen Trainingseinheiten es beim Tempotraining noch gibt, worauf du dabei achten musst und wie du deine Leistungsfähigkeit und Schnelligkeit verbessern kannst, liest du hier:
Der Körper lernt beim Tempotraining auch, mit dem Moment besser umzugehen, indem eine Sauerstoffschuld eintritt. Er lernt, die sich bildende Milchsäure besser abzufangen und so eine Übersäuerung, welche das Laufen erschwert, zu verhindern. Du kannst also länger schnell laufen, ohne dass die Muskeln schlapp machen.
Lauf-ABC und plyometrische Übungen
Tempotraining schult außerdem die Laufökonomie und den Laufstil. Das bedeutet, langfristig wird dein Bewegungsablauf geschmeidiger und effizienter. Muskeln, Knochen und Sehnen werden durch den Trainingsreiz gestärkt. Wichtig: Wärme dich vor einem Tempotraining unbedingt 5 bis 15 Minuten gemütlich laufend auf, absolviere ein paar Steigerungsläufe und, wenn du Lust hast, einige Übungen des Lauf-ABCs. Zudem kannst du deine Schnellkraft durch Sprungübungen & plyometrische Übungen wie Hocksprünge, einbeinige Sprünge und Box Jumps trainieren.
Welche Muskeln sollte ich für Schnelligkeit trainieren?
Fürs schnelle Laufen benötigst du mehr Kraft, als wenn du gemächlich vor dir hin trabst. Nicht umsonst haben Kurzstreckenathleten- und athletinnen eher muskulöse Beine, während auf der Langstrecke eher ausdauernde und langsam ermüdende, aber weniger kräftige Muskelfasern von Bedeutung sind.
Als Läuferin macht es sehr viel Sinn, alle paar Tage ein Krafttraining zu absolvieren. Je schneller du laufen willst, desto wichtiger wird das Krafttraining noch. Dasselbe gilt im Übrigen auch, wenn du sehr weit und viele Höhenmeter laufen willst. Vor allem die Beine, sowohl die Oberschenkel, als auch die Waden, müssen beim schnellen Laufen einiges leisten. Auch der Gesäßmuskel ist wichtig, ebenso wie Stabilität im Rumpf. Je stärker du bist, desto effektiver kannst du dich in der Bewegung vom Boden abstoßen und so schnell du kannst Richtung Ziel rennen.
Gute Kraftübungen, um deine Grundschnelligkeit zu verbessern, sind Kniebeugen, Kettlebell-Swings, Kreuzheben, Ausfallschritte und Unterarmstütz.
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Häufige Fehler beim Schnelligkeitstraining
Auch wenn Schnelligkeitstraining auf den ersten Blick einfach wirkt – ein paar kurze Sprints, ein bisschen Tempoarbeit –, ist es tatsächlich eine Trainingsform, bei der Präzision und Struktur entscheidend sind. Viele Läufer begehen hier typische Fehler, die nicht nur den Trainingseffekt schmälern, sondern auch das Verletzungsrisiko erhöhen können. Im Folgenden gehen wir die häufigsten Stolperfallen im Detail durch:
❌ Zu wenig Erholung zwischen den Sprints: Schnelligkeit braucht vollständige Erholung – sonst trainierst du Ausdauer, nicht Geschwindigkeit.
❌ Du vernachlässigst deine Technik: Ohne saubere Lauftechnik ist der Trainingseffekt minimal – oder es drohen Verletzungen.
❌ Kein gezieltes Schnelligkeitstraining: Einfach „schneller laufen“ reicht nicht aus. Ohne spezifische Reize kann sich die Grundschnelligkeit nicht verbessern.
❌ Fehlende Variation im Training: Wer immer nur die gleiche Strecke sprintet oder stets dieselbe Intensität wählt, wird irgendwann stagnieren. Der Körper gewöhnt sich nämlich schnell an monotone Reize.
❌ Zu viel, zu schnell – Überforderung durch Überschätzung: Gerade motivierte Läuferinnen neigen dazu, gleich mit maximalem Einsatz zu starten, ohne ausreichendes Aufwärmen oder Vorbereitung.
❌ Übertraining: Auch zu häufiges Tempotraining ist kontraproduktiv. Gönn deiner Muskulatur und allen anderen Körpersystemen immer ausreichend Regeneration. Sonst sinkt die Motivation, während Verletzungsrisiko und Infektanfälligkeit steigern. Im schlimmsten Fall droht ein ernst zu nehmendes Übertraining.
❌ Unregelmäßiges oder inkonsequentes Training: Schnelligkeit ist sehr schnell verlierbar. Wer nur gelegentlich daran arbeitet, wird kaum Fortschritte sehen.





