In puncto Atmung können Sie derzeit vieles lesen, vor allem im Bereich Achtsamkeit, Meditation und Yoga werden Atemtechniken in den Fokus gestellt. Aber zur richtigen oder falschen Atmung beim Laufen gibt es nicht viel zu lesen. Das ändern wir mit diesem Artikel.
Allgemein gilt: Beim Laufen genügt es, darauf zu achten, dass man tief ausatmet, alles Weitere geschieht dann eigentlich schon wie von selbst. Allerdings haben gerade Laufanfänger oft Probleme mit der Atmung, weshalb auch viele über Seitenstechen klagen. Seitenstechen kann zum Abbruch eines Trainings führen. Das ist ärgerlich! Denn vielen Läuferinnen und Läufern gelingt die tiefe Atmung vor allem beim Laufeinstieg (noch) nicht. Aber es gibt vermutlich auch Routiniers, die ihre Leistung durch effizienteres Atmen noch verbessern könnten. Denn: Je besser Sie die Kapazität Ihrer Lunge nutzen, desto mehr Sauerstoff gelangt in Ihren Körper und desto mehr Leistung kann dieser erbringen.
Das richtige Ausnutzen der Atmung ist besonders für Läuferinnen und Läufer wichtig, die Vorerkrankungen wie Asthma Bronchiale haben. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie Ihre Atmung optimieren können. Außerdem bieten wir Ihnen einen einfachen Test, mit dessen Hilfe Sie herausfinden, ob Sie richtig oder falsch atmen.
Wie atme ich richtig?
Wussten Sie, dass in etwa zwei Drittel aller Menschen falsch atmen? Warum also sollten diese es ausgerechnet beim Laufen richtig machen? „Die meisten Menschen ziehen beim Einatmen den Bauch ein und heben die Schultern. Sie atmen zu flach in den oberen Brustraum und haben eine zu hohe Atemfrequenz“, sagt der Gesundheitspsychologe Hans Morschitzky. „Mehr als 15 Atemzüge pro Minute werden von vielen Atemtherapeuten bereits als Stresssignal angesehen“, fügt der Experte hinzu. Im Sitzen wohlgemerkt. Haben Sie Ihre Atemzüge mal am Schreibtisch mitgezählt? Probieren Sie es doch gleich mal aus!
Wenn man bei der Aufforderung, mit dem Mund tief einzuatmen, um die maximale Menge Luft aufzunehmen, die Schultern in Richtung der Ohren anhebt, hat man eine völlig ineffiziente Schulter- oder Schlüsselbeinatmung. Bei überwiegender Brustatmung, wie sie für viele Menschen typisch ist, hebt und senkt sich nur der Brustkorb. Eine falsche Atmung hat häufig auch mit dem heutzutage noch vorherrschenden Schlankheitsideal zu tun. Menschen möchten nicht durch eine stärkere Bauchatmung in unangenehmer Weise an ihren Bauch erinnert werden, indem sie diesen auch noch rausstrecken.
Wer aber schon im Sitzen, Stehen, Gehen falsch atmet, der tut dies eben auch beim Laufen: Über 80 Prozent der Freizeitläufer atmen ausschließlich in die Brust, ziehen dabei die Schultern hoch, sodass sich die Lunge nicht ausdehnen kann und es zu einem unangenehmen Luftstau im oberen Brustkorb kommt, der eine Einatmung in den unteren Lungenbereich verhindert.
Das falsche Atmen erkennen Sie an diesen Merkmalen: zu flach, zu schnell sowie meistens eine reine Brustatmung.
Es gibt verschiedene Gründe, warum wir zu hektisch atmen. Diese Ursachen können dahinterstecken:
- körperliche Anspannung
- Krankheit
- psychischer Druck (wie z. B. Stress, Ärger, Angst)
Wie atme ich beim Joggen richtig?
Das Zwerchfell ist der wichtigste Atemmuskel, weil er bei richtiger Atmung 80 Prozent des Atemvolumens bewirkt. Es handelt sich dabei um eine gewölbte Muskelplatte, die aussieht wie ein aufgespannter Regenschirm und die den Brustraum vom Bauchraum abgrenzt. Die Zwerchfellatmung, auch Bauchatmung genannt, beruht auf einer Anspannung (= Abflachung) des Zwerchfells beim Einatmen, wodurch die Lunge sich ausdehnen und das untere Drittel der Lunge durchlüftet werden kann, und einer Entspannung (= Krümmung) beim Ausatmen, wodurch die Lunge wieder zusammengepresst wird. Die Zwerchfellatmung zeigt sich äußerlich durch ein Heben und Senken der Bauchdecke. Die Lunge kann sich durch die Zwerchfellatmung ganz einfach nach unten ausdehnen und mehr Luft aufnehmen. Das ist auch deshalb wichtig, weil sich im untersten Drittel der Lunge aufgrund der Schwerkraft das meiste Blut zur Sauerstoffaufnahme findet.
Das Ausatmen ist dann nur noch ein rein passiver Vorgang für das Zwerchfell und die Lunge. Die vorher angespannte Zwerchfellmuskulatur entspannt sich und wölbt sich wieder in den Brustkorb vor. Die vorher gedehnte Lunge kann nun wie ein Gummiband auf ihre ursprüngliche Größe zusammenschrumpfen. Dabei entweicht die Luft ganz automatisch.
Mit jedem Atemzug wird Sauerstoff in Ihren Körper transportiert. Mit der Ausatemluft atmen wir Kohlendioxid aus. Diese bei gesunden Menschen automatisch ablaufende Atmung ist wie ein kleines Wunder des Gasaustausches: Sie bringt mit jedem Atemzug in einer kurzen Zeit sehr viel Sauerstoff in unseren Körper. Das ist wichtig für die Muskeln und unsere Leistung beim Laufen.
Besser Luft bekommen durch Zwerchfellatmung bzw. Bauchatmung
Insbesondere Laufanfängerinnen und -anfänger neigen dazu, zu hektisch zu atmen. Die Folge: Seitenstechen. Mit einer entspannten, gleichmäßigen und tiefen Atmung kann das nicht passieren. Eben auch die Atmung ist Trainingssache: Bei Läufern, die bereits mehrere Jahre laufen, kommt Seitenstechen in der Regel nicht mehr vor. Wir zeigen Ihnen im Folgenden ein paar ganz einfache Tricks für eine gute Atemtechnik, die Sie zu Hause üben können.
Was ist die beste Atemtechnik beim Joggen?
Das Einatmen und Ausatmen geschieht unabhängig vom Schrittrhythmus. Auf keinen Fall müssen Sie darauf achten, dass Atmung und Schritte im Gleichklang sind, das sind sie nämlich in der Regel ganz von selbst. Völliger Unsinn ist es, die Laufintensität über einen gekoppelten Atem-Schrittrhythmus zu regeln, wie es mehrfach in Fitnesszeitschriften propagiert wurde, quasi nach dem Motto: „bei langsamem Tempo atmen Sie alle vier Schritte aus und ein, beim schnellen Laufen atmen Sie alle zwei Schritte aus und ein…“. Es gibt keinen sinnvollen „Zweier-“, „Dreier-“ oder „Vierer-Atemrhythmus“ beim Laufen. Ein Atem-Schrittrhythmus stresst nur und führt zu einer Verkrampfung, auch der Atmung!
Sollte ich beim Joggen durch den Mund oder die Nase atmen?
Diese Frage stellt sich so mancher Einsteiger. Doch erfahrene Läuferinnen und Läufer wissen: Natürlich werden Mund und Nase beim Laufen zum Atmen genutzt. Um gleich einem Atemmärchen vorzubeugen: Es besagt, dass eine sogenannte „Nasenatmung“, bei der man nur durch die Nase atmet, beim Laufen beflügele. Probieren Sie es doch einfach selbst mal aus, dann merken Sie, was dran ist. Wer nur durch die Nase atmet, bekommt beim Laufen viel zu wenig Luft, um befreit laufen zu können. Solchen Vorgaben steht zum Glück schon das gesunde Körpergefühl entgegen. Das vor Jahren propagierte Nasenpflaster leistet übrigens keinen entscheidenden Beitrag dazu, mehr Luft durch die Nase fließen zu lassen. Es gab Untersuchungen, die zeigten, dass es lediglich bei Sportarten eine gewisse Wirkung entfaltet, bei denen das Tragen eines Zahnschutzes die Mundatmung beeinträchtigt (wie z. B. Eishockey, Basketball, Handball).
Wie kann ich Seitenstechen beim Joggen verhindern?
Seitenstechen beim Laufen vermeiden Sie, indem Sie entspannter, bestenfalls auch etwas tiefer atmen! Das kommt aber mit der Zeit eigentlich ganz von selbst: Je länger Sie laufen, desto gelassener atmen Sie. Wer aber ein paar Monate nach dem Laufeinstieg immer noch mit Seitenstechen zu kämpfen hat, dem kann der folgende Atem-Test sowie unser kleiner Ratgeber zur Vollatmung helfen (siehe unten).
Der einfache Check: Testen Sie Ihre Atmung!
Mit diesem Schnelltest können Sie unkompliziert herausfinden, ob Sie falsch, also nur in die Brust atmen und somit nicht Ihre komplette Lungenvitalkapazität nutzen:
- Den Bauch fühlen: Legen Sie beim Laufen einfach die flache Hand auf den Bauch.
- Prüfen Sie: Hebt und senkt sich da etwas? Nein? Vermutlich hebt und senkt sich nur die Brust? Immerhin. Das ist schon besser, als wenn sich nur die Schultern heben.
Das Ziel: Die effizienteste Atmung ist jedoch die Brust-und-Zwerchfell-Atmung. Dabei hebt sich zuerst die Bauchdecke (Zwerchfellatmung), dann erweitern sich infolge der Aufwärtsbewegung der Luft die unteren Rippen und der Rücken, und schließlich heben sich die Schultern. So wird der ganze Atemraum vom Zwerchfell bis zu den obersten Lungenspitzen benutzt – man spricht dann auch von der „Vollatmung“. Anschließend wird sofort wieder ausgeatmet. Ein ergiebiger, tiefer Atemzug steigt somit immer von unten, aus dem Bauch heraus, nach oben und gleicht einer Wellenbewegung.
Die Atmung ist wie oben schon beschrieben ein automatisierter Prozess. Sie verbessern zu wollen, lohnt sich allemal, um leistungsfähiger beim Laufen zu werden, aber auch für Ihren Alltag. Mit unserer Anleitung zur Vollatmung zeigen wir Ihnen ein paar Tipps, wie Sie richtig Luft holen. So erreichen Sie in 4 Wochen die Vollatmung:
Anleitung zur Vollatmung
- Üben Sie die beschriebene Wellenbewegung beim Einatmen zunächst im Ruhezustand: Legen Sie sich flach auf den Rücken und jeweils zwei Bücher auf Ihren Bauch und auf die Brust.
- Versuchen Sie, tief in den Bauch einzuatmen: Nun sollten sich zuerst die Bücher auf Ihrem Bauch heben.
- Dann führen Sie den Atemzug in die Brust fort, damit sich die Bücher auf der Brust heben.
- Zum Schluss lassen Sie die Luft entspannt wieder entweichen.
Hinweis: Lassen Sie sich Zeit, um Ihre Atemtiefe zu verbessern, damit Sie in Zukunft ruhiger und entspannter atmen. Hierbei kann man auch mit Zähltechniken üben: Beispielsweise können Sie beim Einatmen auf vier oder fünf zählen und beim Ausatmen ebenso. Wer schon ein wenig geübt ist, kann auch bis sechs zählen.
Wiederholen Sie das Ganze für drei, fünf, am Schluss zehn Minuten täglich. Versuchen Sie diese Atembewegung immer wieder auch im Gehen anzuwenden. Dann natürlich ohne Bücher, sondern mit einer Hand auf dem Bauch und einer auf der Brust.
Haben Sie die Vollatmung im Ruhezustand drauf? Dann konzentrieren Sie sich zu Beginn jeder Laufeinheit darauf und immer wieder mal zwischendurch. Es dauert circa vier Wochen, dann sind Sie in der Lage, die komplette Lungenvitalkapazität zu nutzen.
Bewusstes Atmen lindert Stress
Unser Atem beeinflusst Körper, Geist und Seele. Daher profitieren Sie nicht nur beim Laufen von der tiefen Bauchatmung: Sie wirkt Stresssymptomen entgegen und lässt Sie im Alltag entspannter und energiegeladener werden. Atmen Sie also auch bei der Arbeit oder zu Hause immer mal wieder ganz bewusst tief in den Bauch.
Ein Zusatztipp: Machen Sie es ab und zu wie in der Atem-Meditation empfohlen und halten Sie den Atem zwischendurch kurz an. Dies machen sich auch etliche Hochleistungssporttreibende in ihrem mentalen Training zunutze, denn diese Atemtechniken (einatmen, kurz den Atem halten, ausatmen), sorgen für schnelle Entspannung. Achten Sie dabei auf Ihr Körpergefühl. Gehen Sie behutsam vor, falls Sie damit noch keine Erfahrungen haben (z. B. entspannt einatmen, ein bis zwei Sekunden den Atem halten, ausatmen). Diese Technik wird natürlich nur im Ruhezustand ausgeübt. Sie kann Ihnen bei Stress gezielt zur Entspannung im Alltag verhelfen.
Fazit: Unsere Atmung bewirkt deutlich mehr, als uns bewusst ist
- Die Atmung beeinflusst Körper, Konzentration und Psyche.
- Die richtige Atmung macht leistungsfähiger beim Laufen.
- Wer richtig atmet, vermeidet Seitenstechen.
- Unser Zwerchfell ist der wichtigste Atemmuskel.
- Eine tiefe Zwerchfell- bzw. Bauchatmung (auch Vollatmung genannt) hilft dabei, den Atemprozess sowohl beim Laufen als auch im Alltag zu optimieren.
- Atemtechniken können uns gezielt Entspannung verschaffen.