Manchmal fühlt sich der Weg in die Laufschuhe schwerer an als der Lauf selbst: wenn es draußen regnet, die Dunkelheit drückt oder ein Arbeitstag sehr viel Energie gekostet hat. Auch mitten im Training kann die Motivation schwinden – beim langen Lauf, wenn die Beine schwer werden, oder im Marathon, wenn du dich auf einmal fragst, warum du dir das überhaupt antust. Manchmal fehlt einfach der Antrieb, um weiterzumachen. Doch es gibt Wege, sich davon nicht unterkriegen zu lassen und die Motivation zurückzuholen.
Warum haben wir manchmal keine Motivation zum Laufen?
Wahrscheinlich kennst du das selbst: An manchen Tagen fällt es einfach schwer, die Laufschuhe zu schnüren. Dabei spielt es keine Rolle, ob du nur ab und zu läufst, um dich fit zu halten, oder ob du nach einem strengen Trainingsplan trainierst: Ein sogenanntes Motivationstief ist völlig normal, solange es nur vorübergehend auftritt. Doch woher kommt das eigentlich? Solche Phasen entstehen selten ohne Grund. Meist wirken mehrere Faktoren zusammen.
Für Sportpsychologin und Läuferin Julia Cetin gibt es dafür körperliche und psychologische Gründe. Aber auch Alltagsfaktoren spielen eine Rolle. „Körperlich können Übertraining oder zu wenig Schlaf dazu führen, dass du dich schlapp und antriebslos fühlst. Hinzu kommen äußere Belastungen: Stress im Job, familiäre Verpflichtungen oder auch das wenige Tageslicht, das jetzt in den dunklen Monaten auf uns zukommt.“ Natürlich spielt auch die Psyche eine wichtige Rolle. Laut Cetin gebe es nach großen Laufveranstaltungen häufig ein typisches Tief – eine Art Zielmüdigkeit, die einsetze, sobald das große Ziel erreicht oder vorbei sei. Hinzu kämen unrealistische Ziele, Perfektionismus und Druck, die die Motivation untergrüben. Nicht zuletzt kann auch die Routine zum Problem werden: „Wenn man immer die gleiche Strecke läuft, immer das gleiche Tempo, dann kann das schnell langweilig werden und die Motivation geht verloren.“
Motivationsverlust ist also vielschichtig und oft auch ein Zeichen dafür, dass Körper, Geist oder Alltag gerade nicht in Balance sind. Wenn du die Gründe erkennst, kannst du aktiv gegensteuern.
Was kann ich gegen fehlende Motivation tun?
Gegen die fehlende Abwechslung hat die Psychologin auch direkt einen Tipp parat: „Einfach mal die gleiche Strecke andersrum laufen, mit Musik, ohne Musik, mal neue Musik ausprobieren. Oder eine ganz neue Herausforderung suchen – etwa einen Trimm-dich-Pfad auszuprobieren oder in eine andere Gegend zu fahren, um neue Strecken zu entdecken.“
Wichtig ist, das Motivationstief nicht zu dramatisieren. Solche Phasen sind kein Zeichen von Schwäche. Setze dann bewusst kleine Impulse, statt mit Druck zu reagieren. Und manchmal hast du eben einfach einen schlechten Tag, auch das gehört dazu. Laut Cetin hilft es in solchen Momenten, kurz in den eigenen Körper hineinzuhören und sich beispielsweise folgende Fragen zu stellen:
- Habe ich genug geschlafen und ausreichend gegessen?
- Wie hoch ist mein Stresslevel gerade?
- Ist es wichtig, dass ich heute laufen gehe – oder wäre ein anderer Sport wie Schwimmen oder Radfahren sinnvoller?
- Tut mir heute vielleicht sogar ein kompletter Ruhetag besser?
- Was habe ich davon, wenn ich laufen gehe?
- Was habe ich davon, wenn ich nicht laufen gehe?
Dieses bewusste Abwägen hilft dir, fehlende Motivation von körperlicher Überlastung zu unterscheiden. Oft reicht schon ein kleiner Perspektivwechsel, um die Lust zurückzubringen. Manchmal ist es aber auch klüger, die Signale ernst zu nehmen und dem Körper Ruhe zu gönnen. Spürst du dagegen, dass es wirklich nur der innere Schweinehund ist, der dich zurückhält, helfen kleine Tricks und Strategien, den Kopf auszutricksen und die Motivation wiederzufinden.
Welche praktischen Tipps und Strategien gibt es?
Gerade an Tagen, an denen der Schweinehund besonders präsent ist, kannst du diese Strategien anwenden, um trotzdem in Bewegung zu kommen. Oft reicht schon ein „einfacher“ Schritt: „Laufschuhe anziehen und loslaufen – auch wenn die Lust fehlt, man muss es manchmal einfach akzeptieren und wissen, dass man jederzeit wieder aufhören kann“, sagt die Sportpsychologin. Meist kommt die Motivation mit der Bewegung dann von selbst. Wenn du merkst, dass wirklich gar nichts geht, dann geh einfach eine Viertelstunde spazieren. Wenigstens warst du dann draußen an der frischen Luft.
Auch wenn Routinen im Training manchmal zu Langeweile führen können, sind sie in diesem Fall besonders hilfreich: Sie nehmen Entscheidungen ab, reduzieren Hürden und machen das Laufen zu einer festen Gewohnheit. Das beginnt bei festen Laufzeiten, die wie ein Termin im Kalender behandelt werden, und reicht bis zur Organisation deiner Ausrüstung. Die Psychologin empfiehlt zum Beispiel eine kleine „Laufkiste“ im Garderobenbereich: Jacke, Stirnlampe, Reflektoren oder Gels liegen dort immer parat, sodass du nicht erst lange suchen musst.
Neben diesen Strategien kannst du auch noch folgende Tipps ausprobieren:
- Mini-Ziele setzen: Statt „15 Kilometer laufen“ lieber „Ich laufe 20 Minuten“ – so hast du nicht so eine große Hürde vor dir und es fällt leichter, anzufangen.
- Einen Laufpartner suchen: Verabredungen mit Laufpartnerinnen oder Gruppen schaffen Verbindlichkeit und können für mehr Abwechslung und Spaß sorgen.
- Belohnungen einbauen: Ein warmes Bad, ein Kaffee oder ein gutes Essen nach dem Lauf verstärken die positive Verknüpfung.
Wie motiviere ich mich während einer harten Einheit oder eines Marathons?
Nicht nur vor dem Training, auch mitten in einer harten Einheit oder im Wettkampf kann ein Motivationstief einsetzen. Bei einem Marathon wirst du wahrscheinlich mehr als einmal vor diese Herausforderung gestellt. In solchen Momenten hilft es, den Fokus klein zu halten. Statt an die gesamte Strecke zu denken, konzentriere dich nur auf den nächsten Kilometer, die nächste Runde oder sogar nur auf den nächsten Laternenmast. Dieses „Chunking“, also das Aufteilen in kleine Abschnitte, macht die Aufgabe überschaubarer.
Auch positive Selbstgespräche sind ein wirksames Werkzeug während eines Wettkampfs: Erinnere dich daran, warum du trainierst, welche Fortschritte du bereits gemacht hast, oder dass du schon härtere Situationen gemeistert hast.
Als Julia Cetin 2022 beim New-York-Marathon an den Start ging, blieb auch sie nicht von Motivationslöchern verschont. Sie wusste jedoch, wie sie damit umgehen konnte: „Ich hatte verschiedene Strategien vorbereitet, aber welche ich wirklich genutzt habe, war dann spontan. Zwischen Kilometer 30 und 40 habe ich zum Beispiel bei jedem Kilometer jemandem aus meinem Leben gedankt. Ich habe sozusagen immer einen Kilometer lang an den Menschen gedacht und warum ich ihm dankbar dafür bin, dass er in meinem Leben ist.“
Hilfreich sind zudem äußere Anker: Musik im Training, Zuspruch von Zuschauern im Wettkampf oder der Gedanke an die Belohnung danach. Und nicht zuletzt spielt die Vorbereitung eine Rolle. Wenn du in einem Intervalltraining oder einer Tempoeinheit schon bestimmte Strategien ausprobierst, bist du im Marathon mental besser gewappnet.
Wie beuge ich Motivationstiefs langfristig vor?
Motivationstiefs lassen sich nicht vollständig vermeiden, jedoch kannst du etwas tun, damit sie seltener auftreten oder dein Training gar nicht erst beeinflussen:
Finde dein „Warum"
Schreib dir auf, warum du laufen möchtest und welche Vorteile es dir bringt. Ob besseres Körpergefühl, mehr Energie im Alltag oder eine bestimmte Zielzeit in einem Wettkampf – dein persönlicher Grund ist immer die stärkste Motivation. Du kannst dir dein Ziel oder Vorhaben auch gut sichtbar aufhängen, zum Beispiel an die Wohnungstür oder den Kühlschrank. So wirst du täglich daran erinnert, wofür du losläufst.
Setz dir kleine Challenges
Lauf-Challenges sorgen für Abwechslung und zusätzlichen Anreiz. Du kannst dich damit selbst herausfordern, eine bestimmte Distanz in einem Monat zu laufen, oder dich digital mit anderen Sportlerinnen und Sportlern messen. Auch bei RUNNER'S WORLD gibt es immer mal wieder Challenges, an denen du teilnehmen kannst, zum Beispiel den #RWJanuarStreak.
Feiere deine Erfolge
Jeder Fortschritt zählt! Du hast erstmals 5 Kilometer geschafft oder bist eine persönliche Bestzeit gelaufen? Dann solltest du diese Erfolge auch wertschätzen. Gönn dir zum Beispiel ein gutes Essen oder eine andere Aktivität, die dir Spaß macht.
Trainingsplan statt Zufall
Hier ist es wie bei der Routine: Die Motivation, joggen zu gehen, ist meist stärker, wenn du einen festen Trainingsplan verfolgst. Sobald eine Einheit im Kalender steht, stellt sich meist gar nicht mehr die Frage, ob du Lust hast, laufen zu gehen, du tust es einfach.
FAQ: Motivation finden, wenn es schwerfällt
Wenn es morgens dunkel ist und nach Feierabend ebenfalls, fehlt oft nicht nur die Energie, sondern auch das Tageslicht, denn das ist ein wichtiger Faktor für deine Stimmung und deinen Antrieb.
Cetin rät: „So oft wie möglich versuchen im Hellen zu laufen – zumindest am Wochenende“. Wer die Möglichkeit hat, könne auch versuchen, unter der Woche die Mittagspause zu nutzen oder die Arbeitszeit so verschieben, dass ein Lauf bei Tageslicht möglich wäre. Zusätzlich lohne es sich, den Vitamin-D-Status ärztlich überprüfen zu lassen. Ein Mangel kann die Müdigkeit verstärken, während eine gezielte Supplementierung Abhilfe schaffen kann.
Neben diesen äußeren Faktoren bleiben die inneren Motivatoren entscheidend. Gerade in den Wintermonaten helfen kurzfristige Ziele oder kleine Challenges dabei, dranzubleiben. Zum Beispiel kannst du an einem Nikolauslauf, einem Silvesterlauf oder anderen Rennen teilnehmen.
Motivationstiefs sind in den meisten Fällen nur vorübergehend. Oft handelt es sich um ein paar Tage, manchmal um zwei bis drei Wochen, in denen du weniger Motivation hast. Hält die Phase allerdings über mehrere Wochen an und geht mit körperlichen Symptomen wie ständiger Müdigkeit, Schlafproblemen oder nachlassender Leistung einher, solltest du genauer hinschauen. Dann steckt möglicherweise mehr dahinter.
Die gute Nachricht: In den allermeisten Fällen verschwinden Motivationslöcher so plötzlich, wie sie gekommen sind, vor allem, wenn du gezielt dagegen vorgehst. Wichtig ist, nicht in Panik zu geraten, sondern die Phase zu akzeptieren.
Ja! Übertraining ist einer der häufigsten Gründe, warum die Motivation plötzlich verschwindet. Wenn der Körper dauerhaft überlastet ist und die nötige Erholung fehlt, macht er dicht. Die Beine fühlen sich schwer an, Fortschritte bleiben aus, und statt Lust aufs Training kommt eher Frust. Viele Läufer erleben das als Motivationsverlust, in Wahrheit ist es ein Schutzmechanismus des Körpers.
Typische Anzeichen sind anhaltende Müdigkeit, Schlafprobleme, eine erhöhte Ruheherzfrequenz oder häufige Infekte. In diesem Zustand ist es normal, dass auch der Kopf streikt. Die beste Strategie: rechtzeitig gegensteuern. Reduziere Umfang und Intensität, baue zusätzliche Ruhetage ein und achte auf ausreichend Schlaf und Ernährung.
Fazit: Schon kleine Schritte bringen die Motivation zurück
Motivationstiefs gehören manchmal einfach zum Läuferinnen-Alltag dazu. Sie sind kein Zeichen von Schwäche, sondern eine normale Reaktion auf Belastung, Stress oder fehlende Abwechslung. Wichtig ist, die Gründe dahinter zu erkennen: Manchmal steckt Überlastung oder Schlafmangel dahinter, manchmal einfach das Fehlen eines Ziels.
Die gute Nachricht: Es gibt viele Wege, gegenzusteuern. Abwechslung in Strecke und Tempo, feste Routinen, Mini-Ziele und kleine Belohnungen können die Lust zurückbringen. Ebenso wichtig ist es, auf den Körper zu hören und rechtzeitig Pausen einzulegen, wenn Erschöpfung die Ursache ist.
Langfristig kannst du die Motivation aufrecht erhalten, wenn du dein „Warum“ kennst, also wieso du überhaupt Laufen gehst. Außerdem solltest du dir realistische Ziele setzen und Laufen als festen Bestandteil deines Lebens etablieren.