Radfahren als Marathonvorbereitung: Sinnvolle Ergänzung oder Zeitverschwendung?

Alternativtraining
Radfahren als Marathonvorbereitung, geht das?

ArtikeldatumZuletzt aktualisiert am 19.09.2025
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Radfahren als Marathonvorbereitung, geht das?
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Wer Marathon läuft, denkt zuerst an endlose Laufkilometer. Doch nicht jeder Trainingsreiz muss zwangsläufig auf der Laufstrecke gesetzt werden. Viele Läuferinnen und Läufer steigen dafür gerne aufs Rad. Das ergab auch eine Umfrage unter unseren Leserinnen und Lesern. Auf unsere Frage: „Was ist nach Laufen deine zweitliebste Sportart?“ Die meisten gaben Straßenradfahren an (23 Prozent), dicht gefolgt von Mountainbiken (20 Prozent). Danach kam Kraft- und Fitness-Training mit 17 Prozent, gefolgt von Schwimmen (13 Prozent) und weiteren Sportarten wie Langlauf, Fußball, Surfen und Tennis. Doch was bringt Radfahren eigentlich in der gezielten Vorbereitung auf einen Marathon und kann dieses Ausdauertraining das Laufen sogar ersetzen?

Warum Radfahren für Läufer sinnvoll sein kann

Radfahren ist für Marathonläuferinnen und -läufer ein ideales Ergänzungstraining zum Laufen. Zum einen entlastet es deine Gelenke: Während beim Laufen das Vielfache des eigenen Körpergewichts auf Knie und Hüfte wirkt, ist die Belastung auf dem Rad deutlich geringer. So kannst du zusätzliche Ausdauerreize setzen, ohne dass du dein Verletzungsrisiko erhöhst, und gleichzeitig von einem wertvollen Trainingseffekt profitieren.

Es gibt jedoch noch andere Vorteile: Beim Radfahren trainierst du dein Herz-Kreislauf-System ähnlich wie beim Laufen. Die aerobe Kapazität wird gesteigert und das Muskel-Nerven-Zusammenspiel verbessert, was dir im Marathon zugutekommt. Ein besseres Muskel-Nerven-Zusammenspiel kann dir helfen, deine Schrittkraft ökonomischer einzusetzen, Ermüdung hinauszuzögern und die Laufbewegung insgesamt stabiler zu machen. Auch die Muskulatur in deinen Beinen profitiert: Gerade Oberschenkelvorderseite und Gesäßmuskeln werden auf dem Rad anders beansprucht, wodurch muskuläre Dysbalancen ausgeglichen werden können. Richtig eingesetzt, dient das Rad also nicht nur als Ausgleichssport, sondern kann auch deine Laufleistung langfristig steigern.

Eignet sich Radfahren als Training für die Marathonvorbereitung?

Radfahren kann ein sehr effektiver Teil deiner Marathonvorbereitung sein. Die alternative Trainingsform eignet sich besonders in folgenden Situationen:

  • Zur Entlastung: Wenn du dein Trainingsvolumen erhöhen möchtest, ohne die Gelenke und Sehnen durch noch mehr Laufkilometer zu überlasten.
  • Zur aktiven Regeneration: Eine lockere Radausfahrt fördert die Durchblutung und beschleunigt die Erholung nach langen Läufen oder harten Intervallen.
  • Für den Aufbau der Grundlagenausdauer: Lange Radtouren im niedrigen Intensitätsbereich trainieren dein Herz-Kreislauf-System ähnlich wie lockere Long Runs.
  • Als Alternative bei Verletzungen: Wer z. B. mit Schienbeinproblemen oder Achillessehnenbeschwerden pausieren muss, kann über das Radfahren seine Form erhalten, ohne die verletzte Struktur zusätzlich zu belasten und es so gezielt als Schontraining nutzen.

Radfahren sollte jedoch nur als Ergänzungstraining in deiner Marathonvorbereitung angesehen werden. „Die Trainingslehre kennt ein Prinzip, nämlich das der 'hohen dynamischen Übereinstimmung'. Dies ist sehr wichtig“, sagt Dr. med. Kai Röcker, Oberarzt der Sportmedizin an der Universitätsklinik Freiburg. Das bedeutet, die Bewegungsform im Training sollte derjenigen im Wettkampf so weit wie möglich entsprechen. Somit ist die Rolle des Radtrainings im systematischen Trainingsaufbau eines wettkampforientierten Läufers eigentlich schon klar vorgegeben, denn das heißt: Je näher ein Wettkampf rückt, desto weniger Zeit sollte ein Läufer auf dem Rad verbringen. Am Anfang und in der Halbzeit eines Marathonplanes kann das Radfahren als Trainingseinheit gut eingebaut werden, jedoch gegen Ende hin ist es nicht mehr zu empfehlen.

Kann Radfahren das Laufen ersetzen?

Radfahren kann also eine sinnvolle Ergänzung sein, ist jedoch auf keinen Fall ein Ersatz für das Laufen in deiner Marathonvorbereitung. Der lange Lauf in der Marathonvorbereitung lässt sich zum Beispiel nicht durch eine entsprechende Radausfahrt ersetzen. „Die organische Belastung von Herz/Kreislauf ließe sich bei entsprechend langer Radausfahrt eventuell zwar imitieren, aber die muskuläre Belastung sei und bliebe beim Laufen, besonders beim langen, langsamen Laufen eine eigene, eben ganz andere als beim Radfahren“, äußert sich Röcker. Beim Radfahren werden zwar ähnliche, aber doch bei Weitem nicht die gleichen Muskelgruppen wie beim Laufen angesprochen.

So integrierst du Radfahren optimal in deinen Trainingsplan

„Es gibt nur zwei Aspekte, unter denen das Lauftraining durch Radfahren sinnvoll ergänzt werden kann“, sagt Röcker. „Erstens als regeneratives Training nach harten Laufbelastungen. Zweitens: Als Grundlagenausdauereinheit mit hoher Trainingsdauer (eine bis sechs Stunden) und insgesamt geringer Belastungsintensität“, so der Experte.

Die Übertragung der Belastung beim Radfahren auf die beim Laufen ist sehr problematisch, da hierbei viele unterschiedliche physikalische und leistungsphysiologische Größen eine Rolle spielen. Ein Vergleichsmaß könne jedoch die Berechnung des Energieverbrauchs sein, der für das Laufen mit etwa 4 kJ pro Kilogramm Körpergewicht und pro gelaufenem Kilometer angegeben werde, sagt der Arzt. Dieser Wert ist interessanterweise vom Lauftempo ziemlich unabhängig, da geschwindigkeitsabhängige Größen wie der Luftwiderstand beim Laufen keine wesentliche Rolle spielen.

Beim Radfahren sieht dies anders aus: Der Energieverbrauchswert steigt hier von 0,2 kJ bei 4 km/h bis auf das Zehnfache bei 45 km/h an. Diese Berechnung gilt für einen 70 Kilogramm schweren Sportler, der sein Radtraining auf ebener Strecke ohne Gegenwind auf dem Rennrad absolviert. Bei einem Tempo von 20 km/h auf dem Fahrrad müsste man also etwa viermal so viele Radkilometer absolvieren, um denselben Energieverbrauch zu erzielen wie beim Laufen. Bei einem Lauftempo von 10 km/h entspräche dieses Beispiel also einer doppelten Belastungsdauer für das Radfahren.

Merke: Mit einem Umrechnungsfaktor von etwa einem Laufkilometer zu vier Fahrradkilometern erhältst du hier einen Durchschnittswert. Bei einem regenerativen 10-km-Lauf im Trainingsplan, den man nun durch eine Radeinheit ersetzen möchte, hieße dies: Man sollte mindestens 40 Kilometer auf dem Rad sitzen, um einen ähnlichen Effekt zu bewirken.

Fragst du dich immer noch, wann und wie oft du das Radfahren in deine Marathonvorbereitung einbauen solltest? Hier eine kleine Übersicht:

  • Frühe/mittlere Vorbereitungsphase (bis ~6 Wochen vor dem Marathon): 1–2 Radeinheiten pro Woche.
  • Finale Phase (letzte 4–6 Wochen): Setze den Fokus auf das Laufen; max. 1 kurze, sehr lockere Ausfahrt zur Durchblutung.
  • Abstand zu wichtigen Einheiten: Mindestens 24 Stunden vor/nach harten Läufen (z.B. Tempotraining) solltest du keine intensive Radausfahrt machen

Radfahren vs. Laufen im Vergleich

Laufen und Radfahren unterscheiden sich in Belastung, Trainingseffekt und Energieverbrauch. Die folgende Übersicht zeigt dir, wie beide Sportarten im Vergleich abschneiden:

Radfahren zur Regeneration und Verletzungsprophylaxe

Wenn du dich vom Laufen erholen möchtest, ist Radfahren eine ideale Möglichkeit. Die kreisförmige Bewegung auf dem Rad belastet Muskeln, Sehnen und Gelenke deutlich weniger als das wiederholte Abfedern beim Laufen. Gerade nach langen oder intensiven Laufeinheiten kann eine lockere Radtour die Durchblutung anregen, Stoffwechselprodukte schneller abtransportieren und die Muskulatur mit frischem Sauerstoff versorgen, ohne sie zusätzlich zu strapazieren. Neben der muskulären Entlastung kräftigt das Radfahren aber auch Muskelgruppen, die du beim Laufen weniger beanspruchst, etwa die Gesäß- und Rumpfmuskulatur. Dadurch verbessert sich die Stabilität in deinem gesamten Bewegungsapparat, was einen wichtigen Beitrag zur Verletzungsprävention leistet und das Risiko für Überlastungsbeschwerden reduziert. Als regenerative Einheit eingebaut, hilft das Rad also nicht nur bei der aktiven Erholung, sondern auch dabei, dass du langfristig verletzungsfrei durch deine Marathonvorbereitung kommst.

FAQ: Häufige Fragen zum Radfahren in der Marathonvorbereitung

Fazit: Die richtige Mischung ist der Schlüssel zum Erfolg

Während zu Beginn und im Mittelteil der Marathon-Vorbereitung das Radfahren eine sinnvolle Alternative zu weiteren Laufkilometern darstellt, solltest du in der finalen Phase der Vorbereitung auf das Radtraining verzichten und stattdessen den Schwerpunkt auf das Laufen legen. Nichtsdestotrotz zählt das Radfahren nicht nur zu den beliebtesten alternativen Trainingsmethoden, sondern bietet auch viele Vorteile, so etwa, dass der menschliche Bewegungsapparat bei sonst noch höheren Laufkilometer-Umfängen etwas geschont wird. Das Radtraining kann deinen Trainingsplan sinnvoll ergänzen, auch muskulär für einen gewissen Ausgleich sorgen und einen zusätzlichen Trainingseffekt sowie Abwechslung bringen. Mit der richtigen Mischung kommst du gesund und mit ausreichend Spaß und Abwechslung ans Ziel, auch wenn dies das Erreichen einer neuen persönlichen Marathon-Bestzeit sein sollte.