Volkskrankheit
Rückenschmerzen bei Läufern

Sie galten lange als die Volkskrankheit Nr. 1. Trotz aktiver Lebensweise haben auch viele Spitzensportler und Läufer Rückenprobleme.
Läufer mit Rückenschmerzen
Foto: iStockphioto
In diesem Artikel:
  • Die meisten Rückenschmerzen sind nervig, aber harmlos
  • Rückenschmerzen – die Symptome
  • Was sind die Ursachen für Rückenschmerzen?
  • Wie geht man mit Rückenschmerzen beim Laufen um?
  • Wie lassen sich Rückenschmerzen behandeln?
  • Welche Übungen helfen bei Rückenschmerzen?
  • Wie trainiert man am besten nach einer Rücken-OP?
  • Wie kann man Rückenschmerzen vorbeugen?

Das typische Bild: Sie stehen morgens aus dem Bett auf und schon beim Hinsetzen zieht es im unteren Rücken (LWS-Syndrom). Wenn Sie sich bewegen, wird es besser. Aber wehe, Sie setzen sich eine halbe Stunde gemütlich aufs Sofa, dann geht es beim Aufstehen wieder los. Oder: Sie laufen einen Wettkampf am Anschlag. Direkt nach dem Zieleinlauf sind sie da: dumpfe Schmerzen direkt über dem Steißbein und Kreuzbein, die sich wie eine starke Muskelverspannung anfühlen. Aber nicht nur Schmerzen im unteren Rücken zählen zu den Rückenschmerzen, sondern auch Nacken- und Schulterschmerzen, die eine häufige Ursache für Kopfschmerzen sind. Wie Sie solche Schmerzen im Akutfall selbst behandeln können und wie Sie ihnen vorbeugen, lesen Sie hier.

Die meisten Rückenschmerzen sind nervig, aber harmlos

Laut Aussage der Sportmediziner Beck und Kasten (Universitätsklinikum Dresden) haben ca. 90 Prozent der westeuropäischen Einwohner bereits Erfahrung mit Rückenschmerzen. Die erste gute Nachricht aber ist: In 98 Prozent der Fälle liegt eine harmlose Ursache vor, und die Beschwerden klingen auch ohne Behandlung innerhalb weniger Wochen wieder ab. Die zweite gute Nachricht für uns Läufer: Eine wirksame Vorbeugung ist Bewegung – Sport verhindert Bandscheibenleiden und Verspannungen.

Der Rumpf, bestehend aus Rücken und Bauch, bildet das Zentrum des menschlichen Körpers und besteht aus einer Vielzahl von Knochen und Muskeln. Als Bindungsglied zwischen oberer und unterer Extremität ist unser Rücken tagtäglich einer hohen Belastung ausgesetzt. Im Zusammenspiel mit der Bauchmuskulatur sorgt der Rücken für die Aufrichtung und die Stabilität unseres gesamten Körpers.

Rückenschmerzen – die Symptome

Rückenschmerzen äußern sich gewöhnlich in sehr vielfältiger Weise. Sie können sich dumpf, ziehend, stechend, atemabhängig oder atemunabhängig äußern. Bei Rückenschmerzen ist es wichtig, zwischen verschiedenen Formen zu unterscheiden:

  • Rückenschmerzen im unteren Bereich (Lendenwirbelsäule oder Iliosacralgelenk)
  • Rückenschmerzen im mittleren Bereich (Brustwirbelsäule oder Rippen)
  • Rückenschmerzen im oberen Bereich (Halswirbelsäule, Kopfgelenke)

Bei länger anhaltenden oder schlimmer werdenden Beschwerden, bei ausstrahlenden Schmerzen (vor allem in die Extremitäten) und bei Ausfall- bzw. Lähmungserscheinungen sollten Sie unbedingt einen Orthopäden und/oder Physiotherapeuten aufsuchen.

Was sind die Ursachen für Rückenschmerzen?

Die Ursache von Rückenschmerzen ist meist nicht der Rücken selbst. Zuerst sollte man einmal in sich gehen und nach möglichen Veränderungen in den vergangenen Tagen suchen. Oft ist die Ursache eine minimale Änderung der eigenen Gewohnheiten. Das Umstellen des Computer-Bildschirms, Änderung der Sitzhaltung bei der Arbeit, ein neues Kissen, eine neue Übung im Training, neue Schuhe, ungewohnter Laufuntergrund etc. Laufen selbst ist so gut wie nie die Ursache, weiß Georg Supp, Physiotherapeut im Freiburger Physiotherapie- und Lauftherapie-Zentrum PULZ: „Im Kontext von Rückenschmerzen gibt es dazu keine brauchbaren wissenschaftlichen Studien. Wenn ein Läufer mit Rückenschmerzen zu uns kommt, suchen wir zuallererst im Alltag nach auslösenden oder erhaltenden Fakto­ren. Acht Stunden täglich krummes Sitzen sind eine größere Belastung für den Rücken als dreimal eine Stunde Laufen pro Woche.“

Trifft keine der oben genannten Möglichkeiten zu, kann von Kopf bis Fuß jede Veränderung im Körper Rückenschmerzen verursachen.

Einige mögliche Ursachen sind:

Wichtig zu beachten ist, dass der Begriff "Blockierung" oder "Blockade" irreführend ist, weil es eigentlich nicht zu einer Blockade kommt, sondern lediglich zur Bewegungsirritation eines Gelenks. Wenn Sie von einem Chiropraktiker "eingerenkt" oder "manipuliert" wurden, ist danach die muskuläre Stabilisierung des behandelten Gelenks wichtig, um eine weitere Einschränkung der Bewegung zu vermeiden.

Wie geht man mit Rückenschmerzen beim Laufen um?

Sollte man sofort pausieren oder weitermachen? Georg Supp nennt die ­Faustregel: „Wenn Schmerzen auch Stunden nach der Trainingseinheit weiter bestehen, muss der Läufer Umfang und Intensität deutlich reduzieren. Führt auch das reduzierte Training immer noch zu einer anhaltenden Verschlechterung, muss der Betroffene pausieren. Spürt der Läufer während des Trainings einen Schmerz, der jedoch ­sofort nach Beendigung der Einheit verschwindet, kann er so weitertrainieren.“

Eine absolute Trainingspause sei nur sehr selten notwendig, meint Supp. „Oft schadet die totale Entlastung mehr, als sie nützt. Die Belastbarkeit aller Strukturen nimmt ja bei Nichtgebrauch ab. Das Ver­letzungsrisiko ist dann bei einer Wieder­aufnahme des Trainings deutlich erhöht. Wie das Training im Falle einer Verletzung oder bei Rückenschmerzen am besten zu ­gestalten ist, das sollte der Betroffene mit einem erfahrenen Physiotherapeuten oder Sportmediziner besprechen.“

Auch wenn die Bandscheibe stark geschädigt und es zu einem Vorfall gekommen ist, bedeutet das keinesfalls das Aus für die Läuferkarriere. „Bandscheibenvorfälle haben ursächlich nichts mit dem Laufsport zu tun. Wenn ein Läufer einen akuten Vorfall erleidet, ist das zwar sehr frustrierend, die Prognose aber gut. Aktive Menschen sind nicht gefeit vor ernsten Rückenproblemen, sie werden aber schneller wieder fit als Couch-Potatos. Wenn keine akuten Lähmungen vorhanden sind, kann der Betroffene recht bald wieder mit leichtem Lauftraining beginnen. Die strikten Verbote vieler Medi­ziner gründen mehr auf Voreingenommenheit als auf Fakten. Laufen ist oftmals früher möglich als Radfahren. Beim Laufen ist der Rücken in aufrechter Position, und die Gelenke der unteren Extremitäten wirken als Stoßdämpfer“, erklärt Supp.

Wie lassen sich Rückenschmerzen behandeln?

Grundsätzlich sollten Sie versuchen, sich weiterhin so gut wie möglich UND so normal wie möglich zu bewegen, um eine Schonhaltung und die Entstehung von Ausweichmechanismen zu vermeiden. Selbige würden möglicherweise weitere körperliche Probleme nach sich ziehen. Bei ausstrahlenden Schmerzen und Lähmungserscheinungen sollte zum Ausschluss eines Bandscheibenvorfalls direkt ein Arzt aufgesucht werden.

Durch Muskelverspannungen verursachte Schmerzen lassen sich häufig mit Wärme lindern, z. B. in Form eines Kirschkernkissens, das im Backofen schnell erwärmt ist. Wer die Möglichkeit hat, sich von einer anderen Person verwöhnen zu lassen, kann auf die Heiße Rolle zurückgreifen. Schmerzmedikamente wie Ibuprophen, Paracetamol, Dolormin, Aspirin, etc. können die Rückenschmerzen und eine Schonhaltung mindern, beheben aber meist die eigentliche Ursache nicht.

Welche Übungen helfen bei Rückenschmerzen?

Versuchen Sie, Ihren Körper bei Rückenschmerzen so gut wie möglich in Bewegung zu halten. Beginnen Sie mit einfachen Übungen:

Interessant zu wissen ist, dass nicht nur Übungen für den Rumpf, sondern auch solche für die Beinmuskulatur gegen Rückenschmerzen helfen. Ergänzendes Wissen dazu gibt es hier.

Sinnvoll bei wiederkehrenden Rückenschmerzen ist die Anschaffung eines Gymnastikballs, auf dem Sie im Büro oder im Homeoffice sitzen können. Ihre Hüftgelenke sind dann am Ende des Arbeitstages nicht so verkrampft und unbeweglich und die Gesäßmuskulatur ist insgesamt aktiver als beim Sitzen auf einem Schreibtisstuhl. Wer die Zeit beim Zähneputzen für Stabilisationsübungen nutzen möchte, kann sich ein Airexkissen im Badezimmer neben das Waschbecken legen. Und vor dem Fernseher am Abend nach getaner Arbeit sind Gymnastikbänder und Minibands sinnvolle Übungsbegleiter.

Wie trainiert man am besten nach einer Rücken-OP?

Wie der Wiedereinstieg in das Lauftraining aufgebaut wird, sollte individuell abgeklärt werden. „Zum Aufbautraining nach Bandscheibenoperationen sind keine Pauschalratschläge möglich“, erklärt Supp. „Zwischen den Nachbehandlungsschemata der Operateure liegen Welten, obwohl viele Operationen identisch sind. Manche Operateure verbieten in den ersten drei Monaten alles, andere sprechen gar keine Beschränkungen aus.

Diese Läufer sollten auf ihren Körper hören und daran denken, dass Heilung Zeit braucht. Bei einer einfachen Band­scheibenopera­tion mit komplikationslosem Heilungsverlauf kann ein erfahrener Läufer nach vier Wochen durchaus wieder die ersten Trabschritte angehen. Aber wie schon gesagt, dazu gibt es unter den Operateuren die widersprüchlichsten Aussagen.

Wie kann man Rückenschmerzen vorbeugen?

Die beste Medizin für einen gesunden Rücken ist ausreichend Bewegung, eine aufrechte Körperhaltung, ausreichend Schlaf und wenig bis kein Stress.

Gestalten Sie Ihren Arbeitsplatz so, dass Sie aufrecht und bequem sitzen können. Die Rückenlehne sollte bis zu den Schulterblättern reichen, eine Unterstützung in der Lendenwirbelsäule beugt einer zu starken Beugehaltung vor.

Speziell zur Vorbeugung ist gerade bei Läufern ein regelmäßig durchgeführtes allgemeines Kräftigungsprogramm für die Rumpfmuskulatur unerlässlich. Dieses dient nicht nur der Vorbeugung, sondern kann nebenbei zu einer Ökonomisierung der gesamten Laufbewegung und somit zu einer schnelleren Laufzeit führen. Übungen, die Sie in Ihr Athletikprogramm aufnehmen können, um Rückenschmerzen vorzubeugen, sind

Zudem spielt eine gute Dehnfähigkeit der Muskulatur eine große Rolle, denn auch ein mangelhaft gedehnter Oberschenkelmuskel, Bewegungseinschränkungen im Sprunggelenk oder eine schlechte Mobilität der Brustwirbelsäule können Rückenschmerzen verursachen. Mögliche Dehnübungen für Läufer finden Sie hier.

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04 / 2023

Erscheinungsdatum 16.03.2023