Auf leeren Magen joggen – ist das gut?

Auf leeren Magen joggen
Die Vor- und Nachteile vom Nüchtern-Laufen

Zuletzt aktualisiert am 16.02.2024
Die Vor- und Nachteile vom Nüchtern-Laufen
Foto: Getty Images

Immer wieder hört man von Läuferinnen und Läufern, dass es sinnvoll ist, auch mal eine Runde nüchtern zu drehen. Das soll die Fettverbrennung und den Stoffwechsel ankurbeln. Doch die Geister scheiden sich: Es gibt auf der Gegenseite ebenso viele Athletinnen und Athleten, die nichts vom Nüchtern-Joggen halten. In diesem Artikel beleuchten wir das Thema ausführlich.

Was passiert, wenn ich nüchtern joggen gehe?

Es klingt logisch: Wer morgens ohne Frühstück zur Laufrunde aufbricht, bringt den Körper dazu, schneller an die Fettreserven zu gehen, weil die Kohlenhydratspeicher ziemlich leer sind. Deshalb sind die Muskeln gezwungen, anstelle von Kohlenhydraten verstärkt auf Fette zuzugreifen. Kurbelt Joggen auf leeren Magen also die Fettverbrennung stärker an?

Eine Studie der Universitäten Bath und Birmingham zeigte: Wer nüchtern vor dem Frühstück joggen geht, verbrennt doppelt so viel Fett, als beim Laufen nach dem Frühstück. Dafür testeten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Gruppe von dreißig übergewichtigen Männern. Die Männer nahmen über einen Zeitraum von sechs Wochen trotz erhöhter Fettverbrennung zwar nicht ab, aber die Forschenden beobachteten einen signifikanten positiven Effekt auf die Gesundheit: Einen konstanteren Insulin– und Blutzuckerspiegel, was langfristig das Risiko von Diabetes und Herzkreislauf-Erkrankungen reduzieren kann.

Wer morgens nüchtern laufen geht und das letzte Mal am frühen Abend etwas zu sich genommen hat, verlängert in der Regel das Zeitfenster, in dem nicht gegessen wird. Das erinnert an das Intervallfasten, dem viele positive Effekte nachgesagt werden.

Neben dem Schmelzen von Fettdepots und besserer Verdauung haben Studien an Mäusen gezeigt, dass der Nahrungsverzicht sogar Alterungsprozesse im Gehirn verlangsamt, während motorische Koordinationsfähigkeiten sowie Merk- und Lernfähigkeit zunehmen. Inwieweit das auf Menschen zutrifft, muss allerdings noch weiter erforscht werden. Es gibt jedoch kaum Studien, die negative Auswirkungen beim Intervallfasten beobachtet haben.

Welche Unterschiede gibt es bei der Fettverbrennung, wenn ich mit nüchternem Magen oder mit vollem Magen jogge?

Da die Kohlenhydratreserven über Nacht aufgebraucht werden, ist der Körper gezwungen, während der Belastung sofort auf die Fettreserven zurückzugreifen. Das Nüchterntraining fördert also die Nutzung von Fett als Brennstoff, was vor allem bei Wettkämpfen von Vorteil sein kann. Geht man dagegen mit vollem Magen laufen, greift der Körper zuerst auf die Kohlenhydratspeicher als Energielieferanten zurück. Dadurch wird der Fettstoffwechsel reduziert und die oben genannten gesundheitlichen Effekte können geringer ausfallen. Aber keine Sorge: Wer Fett verlieren will, kann dies auch ohne Nüchterntraining tun. Denn auch bei einem reduzierten Fettstoffwechsel werden Fettkalorien verbrannt. Wie viele das sind, hängt vom Gesamtkalorienverbrauch ab. Die nachstehende Tabelle zeigt den Fettkalorienverbrauch pro Minute in Abhängigkeit von der Herzfrequenz für eine Person mit einem Körpergewicht von ca. 60 Kilo.

Welche Vorteile hat Joggen auf leeren Magen?

Laufen vor dem Frühstück erhöht also nachweislich die Fettverbrennung. Das kann langfristig zu einem niedrigeren Körperfettanteil beitragen – allerdings, ohne dass Sie unbedingt abnehmen.

Hinzukommt, dass durch Nüchtern-Laufen der Fettstoffwechsel trainiert wird. Das ist vor allem für Langstreckenläuferinnen und -läufer interessant, insbesondere im Marathontraining. Denn je trainierter der Fettstoffwechsel, desto besser ist der Körper in der Lage, sparsam mit den Glykogenvorräten zu haushalten und möglichst viel Energie aus den Fettreserven zu ziehen. Das bedeutet: Die Wahrscheinlichkeit, dass, wie so häufig beim Marathon, der Mann mit dem Hammer kommt (also ein Leistungseinbruch meist um Kilometer 30 herum), verringert sich, und der Blutzucker bleibt auch ohne Nahrung länger stabil.

Welche Nachteile hat Joggen auf leeren Magen?

Doch bevor nun der Eindruck entsteht, Nüchtern-Laufen sei das Non-Plus-Ultra: Was nach vielen Vorteilen klingt, hat auch einen Haken. Nüchtern-Laufen ist mit Vorsicht zu genießen. Der Körper kann nämlich aus seinen Fettreserven nicht so schnell Energie ziehen wie aus Kohlenhydraten. Das bedeutet: Wer mit leeren Glykogenspeichern auf Fettreserven läuft, bringt weniger Leistung. Leistungssteigerndes Training mit intensiven Belastungen ist für die meisten Menschen auf nüchternen Magen kaum möglich und auch nicht effektiv.

Zudem kann der Fettstoffwechsel auch ohne Nüchtern-Laufen trainiert werden. Das geschieht alleine schon bei den langen Laufeinheiten von über 90 Minuten, wenn Sie nicht alle halbe Stunde Energie zuführen. Der Körper muss bei längeren Ausdauereinheiten zwangsläufig an seine Fettreserven gehen, um Kohlenhydrate einzusparen.

Sie brauchen also etwa im Marathontraining Ihre langen Läufe zwischen 20 bis 35 Kilometern nicht nüchtern absolvieren und sollten das auch nicht tun. Gerade, wenn Sie einen anstrengenden Lauf, etwa einen Tempolauf oder langen Lauf absolvieren, braucht der Körper vorher, währenddessen und direkt danach genügend Energie. Je intensiver Sie trainieren, desto höher ist auch der Kalorienverbrauch.

Bevor Sie keine oder weniger Leistung bringen können und dadurch Ihren Trainingseffekt schmälern, greifen Sie lieber eine Weile vor dem Training noch zu einer Portion Obst oder trinken Sie einen Smoothie. Während langer Trainingseinheiten helfen Energiegels oder Sportriegel, die Kohlenhydratspeicher teilweise wieder aufzufüllen. Probieren Sie sich durch, was Ihnen schmeckt und bekommt. Beide Varianten haben aber den Vorteil, nicht allzu schwer im Magen zu liegen, schnell in die Blutbahn überzugehen und Ihnen die nötige Power für eine effektive Trainingseinheit zu geben.

Kommt es bei Joggen auf leerem Magen zum Muskelabbau?

Sicher haben Sie schon einmal von dem Mythos gehört, dass man Muskeln verliert, sobald man nüchtern trainiert. Das stimmt so nicht. Der Körper bezieht seine Energie zuerst aus den Glykogen- und dann aus den Fettspeichern. Bei langen Ausdauereinheiten ist der Fettspeicher die effektivste Energiequelle, da er am größten sind. Erst wenn diese beiden Speicher erschöpft sind, greift der Körper zur Energiegewinnung auf Proteine zurück. Dazu nutzt er die vorhandene Muskelmasse. Dies geschieht jedoch nur, wenn die Intensität des Trainings deutlich erhöht wird. Davon ist auf nüchternen Magen sowieso abzuraten, da dies schnell zu Schwindel, Schwäche und Unwohlsein führen kann.

Wer dagegen trainiert, um Muskeln aufzubauen, sollte einige Stunden vor dem Training etwas essen. Wenn der Körper vor dem Training optimal mit Kohlenhydraten, Eiweiß und Fett versorgt wird, kann er Muskeln aufbauen.

Ist Nüchtern-Joggen gefährlich?

Wer mit leerem, knurrendem Magen losläuft, muss mit Schwindel, Übelkeit und Unwohlsein rechnen. Ein Kreislauf-Kollaps könnte während eines Laufs zur Gefahr werden, wenn Sie stürzen oder sich unachtsam im Straßenverkehr verhalten. Übertreiben Sie es also nicht. Es ist außerdem normal, dass es einige Zeit braucht, bis sich der Körper an eine Ernährungs- und Trainingsumstellung gewöhnt. Deshalb sollten Sie – wie in allen Bereichen Ihres Trainings – das Nüchtern-Laufen langsam steigern. So kann sich auch der Fettstoffwechsel besser darauf einstellen.

Vor allem Frauen sollten beim Nüchternlaufen vorsichtig sein

Wichtig: In der zweiten Zyklushälfte, der Lutealphase, also in der Zeit nach dem Eisprung, wird Frauen von Nüchternlaufen abgeraten. Der Grund ist, dass sich viele Frauen in der Lutealphase weniger leistungsstark fühlen, als in der Phase direkt nach der Menstruation. Das ist jedoch nicht nur ein Gefühl, sondern es ist tatsächlich so.

Grund dafür sind Hormone. Während der Lutealphase bereitet sich der weibliche Körper auf eine mögliche Befruchtung der Eizellen vor. Durch das vermehrte Progesteron fährt der Stoffwechsel herunter. Die Verletzungsgefahr steigt, weil die Bänder in dieser Phase elastischer werden. Einige Frauen haben mit PMS-Symptomen zu kämpfen. Das prämenstruelle Syndrom (PMS) kann für extreme Stimmungstiefs, Erschöpfung und körperliche Schmerzen sorgen.

Verzichten Sie in dieser Phase des Zyklus auf Nüchternläufe. Sie brauchen in der Lutealphase mehr Kohlenhydrate und Proteine als sonst, auch, weil täglich um die 200 Kalorien mehr als in anderen Zyklusphasen verbrannt werden. Das ist häufig auch der Grund für erhöhten Appetit und Hunger. Der Blutzuckerspiegel ist instabiler als sonst. Achten Sie auf gesunde, regelmäßige Mahlzeiten und legen Sie den Fokus eher auf entspannte Einheiten. Hier und da einen Tempolauf ausfallen zu lassen, wird Ihrem Trainingsniveau nicht schaden. Außerdem führt Stress zu erhöhter Ausschüttung des Hormons Cortisol, was eine vermehrte Fetteinlagerung zur Folge haben kann. Also lassen Sie es guten Gewissens ruhiger angehen.

Was muss ich beachten, wenn ich auf nüchternen Magen joggen gehe?

Horchen Sie vor jedem Lauf genau in sich hinein. Ein Vorteil des Laufens ist, dass das Körperbewusstsein geschult wird. Lernen Sie, einzuschätzen, wie viel Sinn es gerade macht, nüchtern loszurennen. Denn wenn Sie nach drei Kilometern abbrechen müssen, frustriert das viel mehr, als wenn Sie vorher eine Banane oder eine Fruchtsaftschorle zu sich genommen hätten.

Auch der Trainingseffekt leidet, wenn Sie jeden Lauf nüchtern und mit Kreislaufproblemen absolvieren, weil Sie so weniger Leistung bringen können.

Gerade im Hobbysport müssen Sie sich nicht mit Laufen auf leerem Magen geißeln. Es kann sinnvoll sein, wenn Sie Ihre normalen Dauerläufe ab und an nüchtern absolvieren, gerade, wenn es besser ins Zeitmanagement passt. Einige Menschen möchten das Lauftraining gerne vor der Arbeit absolvieren, vertragen aber das Frühstück direkt vor dem Laufen nicht gut. Ruhige Läufe zwischen 40 bis 60 Minuten, wenn Sie fortgeschritten sind auch bis zu 90 Minuten, können nüchtern absolviert werden. Tasten Sie sich allerdings langsam heran. Als Laufanfänger können Sie mit 20 bis 30 Minuten nüchtern starten.

Wichtig: Waren Sie nüchtern laufend unterwegs, achten Sie je nach Intensität der Laufeinheit darauf, nach dem Lauf innerhalb der folgenden 30 Minuten unbedingt etwas zu sich zu nehmen. Das kann ein reichhaltiges Frühstück in Form von Porridge, Müsli oder Brot sein. Wenn Ihnen das Essen direkt nach dem Sport schwerfällt, trinken Sie einen Smoothie oder Kefir und essen Obst; in den folgenden ein bis zwei Stunden sollten Sie dann aber noch eine vollständige Mahlzeit zu sich nehmen. Denn zur Regeneration, die wesentlich für die Leistungssteigerung ist, braucht Ihr Körper unbedingt Energie in Form von Nahrung, nach dem Training sollten immer Kohlenhydrate und Proteine dabei sein. Sie riskieren eine schlechte Regeneration und Leistungseinbußen, wenn Sie nicht für Nachschub sorgen.

Sie wollen gerne mit dem Laufen beginnen, können aber noch keine halbe Stunde durchlaufen? Mit unserem Trainingsplan schaffen Sie das in 12 Wochen:

Absolvieren Sie anstrengendere Trainingseinheiten wie den langen Lauf, den Tempodauerlauf oder das Intervalltraining, so empfiehlt es sich, vorher etwas zu essen – und wenn es nur eine Kleinigkeit ist. Gut geeignet sind eine kleine Portion Müsli mit Joghurt oder Milch, Toastbrot mit Marmelade oder Erdnussbutter, eine Portion Obst oder Brühe. Probieren Sie sich aus, was Ihnen bekommt und was Sie am schnellsten verdauen. Es gibt Menschen, die können direkt nach dem Frühstück loslaufen, andere müssen einige Stunden warten. Essen Sie deshalb zunächst eine Kleinigkeit, damit der Magen zwar nicht voll, die Kohlenhydratspeicher aber etwas aufgefüllt sind. Beim langen Lauf können Sie immerhin währenddessen noch Energie in Form von Drinks, Gels oder Riegeln zuführen.

Grundsätzlich gilt auch für nüchterne Läufe: Trinken! Achten Sie darauf, etwa zwanzig bis dreißig Minuten vor dem Lauf ein großes Glas Wasser zu trinken. Merken Sie, dass Ihr Kreislauf absackt, trinken Sie vor dem Training ein Glas Saft oder stark verdünnte Saftschorle, wenn Sie es weniger zuckerhaltig wollen.

Hilft Laufen auf leeren Magen beim Abnehmen?

Rund um das Nüchtern-Laufen kursieren Mythen. Unter anderem, dass Laufen auf leeren Magen beim Abnehmen hilft. Dieser Gedanke resultiert aus der Tatsache, dass der Körper beim Nüchternlauf schneller gezwungen ist, auf die Fettdepots zuzugreifen. Das ist allerdings kein Faktor für effektiveres Abnehmen.

Beim Abnehmen ist die Kalorienbilanz entscheidend. Wer allerdings ohne Kohlenhydrate und nur über die Fettspeicher läuft, hat einen niedrigeren Gesamtenergieumsatz. Das liegt daran, dass die Trainingsintensität zwangsläufig geringer ausfällt, als wenn die Glykogenspeicher optimal aufgefüllt sind. Weniger Leistung bedeutet auch einen geringeren Kalorienverbrauch.

Den höchsten Kalorienverbrauch erreichen Sie durch die anstrengenden Trainingseinheiten. Bei intensiveren Trainingseinheiten wie Tempo- und Intervallläufen ist der Gesamtenergieumsatz und der Kalorienverbrauch höher – und um diese also erfolgreich zu absolvieren, bleibt Ihnen eigentlich nichts anderes übrig, als zumindest im Voraus ein wenig zu essen. Das bedeutet nicht, dass Ihre Kalorienbilanz des Tages weniger negativ ausfällt, als wenn Sie die Mahlzeit hätten sausen lassen, denn gestärkt können Sie mehr Leistung bringen und somit mehr Kalorien verbrennen, als wenn Sie nüchtern unterwegs sind.

Auf der anderen Seite heißt das nun aber nicht, dass Sie nur noch schnelle, anstrengende Läufe absolvieren müssen, um abzunehmen. Oder dass Sie per se niemals nüchtern laufen sollten, weil Sie dann weniger Leistung bringen. Die Grundlage eines jeden Ausdauertrainings sollten langsame, ruhige und lockere Dauerläufe bilden. Sobald Sie in der Lage sind, eine halbe Stunde durchzulaufen, streuen Sie hin und wieder eine schnelle Einheit ein. Ebenso können Sie Ihre Dauerläufe ab und an nüchtern absolvieren. Die Mischung macht’s!

Für Menschen mit Abnehm-Vorhaben kann es schon funktionieren, am Abend leichter und kohlenhydratärmer zu essen. So können Sie am Morgen ruhig eine kleine Mahlzeit zu sich nehmen und profitieren trotzdem von dem Effekt der nicht allzu vollen Glykogenspeicher, sodass Ihr Körper auf die Fettreserven zugreift und der Fettstoffwechsel trainiert wird. Bei schnellen Einheiten erhöht sich außerdem der Nachbrenneffekt.

Wer abnehmen will, muss auf die Ernährung achten

Um abzunehmen, brauchen Sie eine negative Energiebilanz. Legen Sie neben dem Sport (Ausdauer- und Krafttraining) den Fokus vor allem auf die Ernährung. Nur durch eine kalorienreduzierte, aber gesunde und ausgewogene Ernährung nehmen Sie nachhaltig ab und bleiben trotzdem leistungsstark.

Falls Sie Ihre Ernährungsweise optimieren möchten, dann könnte Ihnen unser RUNNER’S-WORLD-Ernährungscoaching helfen. Mit dem Tool erhalten Sie individuelle, gesunde und ausgewogene Rezepte, die Sie bei Ihrem Vorhaben, fitter zu werden, unterstützen.

Jeder Mensch ist anders

Berücksichtigen Sie bitte auch, dass jeder Mensch und jeder Körper anders ist. Es gibt Frühaufsteher und es gibt Langschläfer, es gibt Menschen, die morgens früh direkt Hunger haben, und solche, die erst am Vormittag Appetit bekommen. Wenn für Sie das Laufen auf nüchternen Magen funktioniert, so streuen Sie hier und da einen Nüchtern-Lauf ein, und wenn nicht, zwingen Sie sich keinesfalls dazu.

Vor allem für Menschen, die Intervallfasten machen, kann Nüchtern-Laufen praktisch sein. Viele fasten zum Beispiel in einem Verhältnis von 16 zu 8. Das bedeutet: 16 Stunden fasten, 8 Stunden essen. Gerade, wenn Sie zu denjenigen gehören, die erst am Vormittag oder Mittag die erste Mahlzeit zu sich nehmen, Sie aber morgens oder vormittags laufen möchten, hilft es, das Nüchtern-Laufen zu erproben. Seien Sie jedoch vernünftig und schieben die langen Läufe und intensiveren Trainingseinheiten auf den Abend oder aufs Wochenende, damit Sie dabei etwas im Bauch haben und mehr Leistung abrufen können. Eine weitere Möglichkeit: An dem Wochentag des langen Laufs sowie an den Tagen der Tempoeinheiten brechen Sie Ihrer Gesundheit zuliebe das Fasten ein paar Stunden früher und frühstücken eine Kleinigkeit.

Grundsätzlich gilt: Was für den einen funktioniert, kann für die andere gar nicht gut sein. Bleiben Sie bei sich. Probieren Sie sich aus und seien Sie achtsam mit sich und Ihrem Körper.

RUNNER’S-WORLD-Redakteur Martin Grüning hat das Nüchtern-Laufen getestet

Chefredakteur Martin Grüning hat das Nüchtern-Laufen für unsere Magazin-Rubrik „Ausprobiert“ getestet. Sein Resultat: Aufs Frühstück verzichtet er morgens lieber nicht.

„Mein Magen knurrt laut, als ich morgens um sieben Uhr vor die Tür trete. Ich zittere wie Espenlaub, die Morgenfrische empfinde ich als unangenehm. Seit gestern Nachmittag um halb fünf habe ich nichts mehr gegessen. Das ist jetzt 14 Stunden her. „Ein blödes Experiment“, habe ich vor allem am Abend gedacht – aber wirklich nur noch getrunken und meinem Hunger nicht nachgegeben. Denn ich will testen, was es heißt, „nüchtern“ zu laufen.

Ich habe mir extra eine größere Schleife von 19 Kilometern vorgenommen, auf der ich morgens oft unterwegs bin – wohlgenährt zumeist, da ich zu denen gehöre, die vom Frühstückstisch aufstehen und loslaufen können. Doch jetzt wird das Laufen mit jedem Kilometer zu einer größeren Qual. Wo sonst morgens schon bei den ersten Schritten meine Lebensgeister erwachen, erschlaffen sie jetzt. Ich kann den angestrebten Temposchnitt von Beginn an nicht halten. Neben der Lauflust geht auch das Tempo immer mehr zurück. Bei Kilometer 14 kürze ich die Runde entnervt ab und gehe die letzten 700 Meter nach Hause.

Tatsächlich spüre ich deutlich, dass meine Glykogenvorräte vollständig verbraucht sind. Auch registriere ich ziemlich bald einen plötzlichen Blutzuckerabfall. Vor allem aber stelle ich eine verminderte Leistungsfähigkeit und steigende Lustlosigkeit fest. Die Bilanz des kleinen Experiments lautet schließlich: Auf den langsamen 14 Kilometern, für die ich (mit Gehpause am Schluss) fast genauso viel Zeit benötigt habe wie normalerweise für 19 Kilometer, habe ich etwa 25 Prozent weniger Kalorien verbrannt. Gar nicht darüber nachdenken möchte ich – für alle Abnehmwilligen –, dass nach einem Nüchternlauf im Schleichtempo auch der Nachbrenneffekt ein viel geringerer ist“.

RUNNER’S-WORLD-Redakteur Henning Lenertz beschäftigt sich seit einigen Jahren mit Intervallfasten

Seit mehr als fünf Jahren verzichtet Redakteur Henning Lenertz aufs Frühstück. Klassischerweise gibt es für ihn in der Regel gegen 13 oder 14 Uhr eine extra große Portion Porridge, vorher isst er nichts. Warum er mit dem Intervallfasten angefangen hat, weiß Henning gar nicht mehr so genau. Die Vorteile liegen für den ambitionierten Läufer vor allem darin, der Verdauung eine Pause zu gönnen und den Fettstoffwechsel zu trainieren.

Theoretisch kann Henning lange Läufe von über 30 Kilometern nüchtern absolvieren, so sehr hat er seinen Körper an die Fastenphase von 16 Stunden gewöhnt. Praktisch hat er das auch einige Zeit so gemacht. Mittlerweile macht das lange Laufen auf leeren Magen für ihn aber keinen Sinn mehr: „Ich habe inzwischen gelernt, dass ein Dauerlauf bis 90 Minuten nüchtern kein Problem darstellt. Bei allem, was länger ist, sollte man sich verpflegen.“

Auch, wenn Henning intensive Tempoläufe absolviert, bricht er ohne schlechtes Gewissen mit dem Fasten. Der Trainingserfolg ist ihm wichtiger als das Intervallfasten. „Im Zweifel kann der Reiz, den du durch das Training hattest, komplett verpuffen, wenn der Körper überhaupt keine Reserven zur Verfügung hat. Es gibt außerdem Studien, die zeigen, dass man trotzdem noch von den Vorteilen des Fastens profitiert, auch, wenn ab und an eine Unterbrechung da zwischen liegt.“ Das Zeitfenster weiter zu öffnen und den Körper rechtzeitig mit Energie zu versorgen, verschafft außerdem den Vorteil, besser zu regenerieren – und dadurch schneller wieder bereit für den nächsten Lauf zu sein.

Wichtig: Schwangeren, Stillenden, Migräne-Patienten sowie Menschen mit Essstörung und Untergewicht ist vom Intervallfasten abzuraten.

Fazit: Nüchtern laufen ist nicht immer sinnvoll

Schon die Erfahrungen der beiden RUNNER’S-WORLD-Redakteure zeigen: Nüchtern-Laufen ist ein ambivalentes Thema, das mit Vorsicht zu genießen ist.

Die Vorteile sind das Ankurbeln der Fettverbrennung und das Trainieren des Fettstoffwechsels. Diesen Effekt erreichen Sie jedoch auch, wenn Sie bei den langen Laufeinheiten nicht alle paar Kilometer Energie zuführen, oder schon am Abend zuvor kohlenhydratarm essen und am Morgen nur eine leichte Mahlzeit zu sich nehmen. So sind die meisten Menschen beim Laufen leistungsfähiger, verbrennen dementsprechend mehr Kalorien und haben einen größeren Trainingseffekt.

Nüchtern-Laufen kann ein abwechslungsreicher Teil des Trainings sein, sollte allerdings nicht dazu führen, dass sich Ihre Leistung verschlechtert. Wer erfolgreich laufen will, wird um regelmäßiges Essen jedenfalls nicht herumkommen. Denn mit leeren Glykogenspeichern haben Sie weniger Kraft für intensive Trainingseinheiten und können viel weniger effektiv trainieren, als wenn Sie zumindest eine kleine Mahlzeit zu sich genommen hätten. Auch um den Muskelabbau nicht zu gefährden und Schwindel oder Unwohlsein zu vermeiden, sollte die Intensität des Laufens im nüchternen Zustand nicht übertrieben werden.

Frauen bitte zusätzlich aufpassen: Gerade in der zweiten Zyklushälfte braucht der Körper vermehrt Energie in Form von Kohlenhydraten und Proteinen. Verzichten Sie auf Nüchternläufe in dieser Zeit.

Wie die Studie der Universitäten Bath und Birmingham gezeigt hat, profitieren Läuferinnen und Läufer von den Nüchtern-Läufen nicht unbedingt durch Abnehmen, sondern vielmehr durch einen stabileren Blutzuckerspiegel, der langfristig Diabetes und Herzkreislauf-Erkrankungen vorbeugen kann. Fettdepots werden nachweislich abgebaut. Auch die Verdauung freut sich über ein wenig Pause.

Ab und an eine Nüchtern-Einheit zwischen 40 und 90 Minuten einzustreuen kann also sinnvoll sein, gerade für Menschen, die früh am Morgen noch nichts essen, aber gerne laufen wollen. Anfängerinnen und Anfänger starten mit 20 bis 30 Minuten. Denken Sie nur daran, vorher ein großes Glas Wasser zu trinken und möglichst schnell danach den Körper mit Energie zu versorgen. Letzteres ist wichtig für die Regeneration und damit für die Leistungssteigerung.