Die Bedingungen:
- Nach einer Nachmittagsmahlzeit um 16:30 Uhr (Fisch, Reis und Brokkoli) wurde bis zum nächsten Morgen nichts mehr gegessen.
- Zu trinken gab es aber weiterhin Mineralwasser in beliebiger Menge.
- Für den Test wurde eine 19-Kilometer-Trainingsrunde ausgewählt, für die seit Jahren Laufzeiten und -befinden festgehalten wurden.
Mein Magen knurrt laut, als ich morgens um sieben Uhr vor die Tür trete. Ich zittere wie Espenlaub, die Morgenfrische empfinde ich als unangenehm. Seit gestern Nachmittag halb fünf habe ich nichts mehr gegessen. Das ist jetzt 14 Stunden her. „Ein blödes Experiment“, habe ich vor allem am Abend gedacht – aber wirklich nur noch getrunken und meinem Hunger nicht nachgegeben. Denn ich will testen, was es heißt, „nüchtern“ zu laufen.
Laufen auf leerem Magen soll die Fettverbrennung ankurbeln
Propagiert wird das Nüchternlaufen ja vor allem aus zwei Gründen. Der eine lautet etwa so: „Wollen Sie abnehmen, dann laufen Sie morgens nüchtern direkt nach dem Aufstehen, da Ihr Körper dann zwangsläufig ‚ans Fett‘ muss.“ Der andere: „Wenn Sie wollen, dass Ihr Körper lernt, bei langen Läufen wie einem Marathon mit der wichtigeren Energieressource, den Kohlenhydraten, sparsam umzugehen, dann müssen Sie ihn lehren, von Beginn an auch die Fette zu nutzen. Das trainiert man durch Nüchternlaufen.“ Richtig bewiesen ist das erstaunlicherweise auch nach 40 Jahren Laufforschung noch nicht. Ein Grund mehr, es selbst auszuprobieren. Also schleppe ich mich dahin und denke nur an eins: ans Essen! Ich habe mir extra eine größere Schleife von 19 Kilometern vorgenommen, auf der ich morgens oft unterwegs bin – wohlgenährt zumeist, da ich eigentlich zu denen gehöre, die vom Frühstückstisch aufstehen und loslaufen können. Doch jetzt wird das Laufen mit jedem Kilometer zu einer größeren Qual. Wo sonst morgens schon bei den ersten Schritten meine Lebensgeister erwachen, erschlaffen sie jetzt. Ich kann den angestrebten Temposchnitt von Beginn an nicht halten. Neben der Lauflust geht auch das Tempo immer mehr zurück. Bei Kilometer 14 kürze ich die Runde entnervt ab und gehe die letzten 700 Meter nach Hause.
Erst Blutzuckerabfall, dann Lustlosigkeit
Tatsächlich spüre ich deutlich, dass meine Glykogenvorräte vollständig verbraucht sind. Auch registriere ich ziemlich bald einen plötzlichen Blutzuckerabfall. Vor allem aber ich stelle ich eine verminderte Leistungsfähigkeit und steigende Lustlosigkeit fest. Die Bilanz des kleinen Experiments lautet schließlich: Auf den langsamen 14 Kilometern, für die ich (mit Gehpause am Schluss) fast genauso viel Zeit benötigt habe wie normalerweise für 19 Kilometer, habe ich etwa 25 Prozent weniger Kalorien verbrannt. Gar nicht darüber nachdenken möchte ich – für alle Abnehmwilligen –, dass nach einem Nüchternlauf im Schleichtempo auch der Nachbrenneffekt ein viel geringerer ist …
Fazit: Schleppendes Laufgefühl
Bei seinem Experiment kürzte unser Redakteur seine geplante Runde von 19 auf 14 Kilometer und ging am Ende kraft- und lustlos 700 Meter nach Hause. Auch wenn beim Nüchternlaufen die Glykogenvorräte aufgebraucht sind und der Körper somit auf die Fettvorräte zugreifen muss, nimmt man nicht gerade spielerisch ab. Viel mehr war es eine mentale Leistung, dass er es bis Kilometer 14 geschafft hat. Wer auf das schleppende Laufgefühl (und die tendenziell geringere Laufgeschwindigkeit sowie die möglicherweise reduzierte Laufdistanz) verzichten möchte, sollte also am besten auch auf das Nüchternlaufen verzichten.