Beobachte einmal vorbeilaufende Jogger und Läuferinnen. Von zehn laufen vermutlich acht „unrund“. Gemeint ist damit ein Laufstil, der nicht ökonomisch aussieht und daher mehr Kraft zu kosten scheint, als nötig. Eventuell ruft er sogar mit der Zeit orthopädische Beschwerden hervor. In erster Linie verantwortlich für einen unrunden Laufstil ist eine unsaubere Beinbewegung in Verbindung mit einer schlechten Oberkörper-Haltung. Erst in zweiter Linie sind die Arme für einen „eckigen“ Laufstil verantwortlich. Sie balancieren meist lediglich falsche Beinbewegungen aus. Beine, Hüfte, Oberkörper, Kopf und Arme bilden beim Laufen ein zusammenhängendes Ganzes und lassen sich nicht völlig unabhängig voneinander betrachten.
Ein Mensch mag sich normal bewegen, wenn er geht. Sobald er joggt oder schnell läuft, ist es häufig aus mit der Harmonie. Achte nur einmal auf Menschen, die im Laufschritt versuchen, einen Bus oder eine Straßenbahn zu erreichen. Hauptverantwortlich für eckige und unharmonische Bewegungen sind kleinere oder größere statische Fehlstellungen, muskuläre Unausgeglichenheit (Dysbalancen), Koordinationsschwierigkeiten oder eine untrainierte Muskulatur.
Gibt es die perfekte Lauftechnik?
Wir stellen in diesem Artikel die verschiedenen Komponenten eines guten Laufstils vor und erklären dabei jeweils, wie du sie verbessern kannst. Aber Achtung: Den ganz perfekten Laufstil gibt es nicht und selbst mit einem offensichtlich „schlechten“ Stil können viele Läufer schnell und auch verletzungsfrei laufen. Das bestätigt auch eine Studie des International Journal of Sports Physiology and Performance. Bei der Analyse konnte herausgefunden werden, dass egal, ob du flach oder sogar schlurfend über den Boden läufst oder dich vorbildhaft mit starkem Beinhub agil vom Boden abdrückst: Die Menge des verbrauchten Sauerstoffs bleibt annähernd gleich. Also keine Sorge, du findest deinen effizientesten Laufstil automatisch – indem du viel läufst und der Körper so den für dich optimalen Bewegungsablauf findest.
Wann sollte ich meine Lauftechnik ändern?
Dennoch lohnt es sich, deinen Laufstil und deine Lauftechnik einmal zu betrachten, um herauszufinden, ob du deinen Bewegungsablauf durch bestimmte Lauf- oder Kräftigungsübungen optimieren und Verletzungsrisiken durch Fehlbelastungen minimieren kannst. Wenn du zum Beispiel regelmäßig unter Verletzungen leidest oder Schmerzen hast, dann kann eine fehlerhafte Technik eine der Ursachen sein. Auch bei starker muskulärer Dysbalance oder auffälliger Ermüdung im Laufstil lohnt sich eine Anpassung des Laufstils.
Zudem gilt: Wer ambitionierte Ziele verfolgt, etwa schneller werden oder effizienter laufen möchte, profitiert oft von kleineren Korrekturen. Wichtig ist dabei, behutsam vorzugehen und die Lauftechnik schrittweise, idealerweise mit professioneller Begleitung, zu verändern. Denn eine abrupte Umstellung kann deinen Körper überfordern und neue Beschwerden verursachen. Um dem vorzubeugen, kannst du zunächst eine Laufanalyse oder einen Check machen lassen, bei dem dein Laufstil bewertet wird – so kannst du gezielt an deinen individuellen Schwächen arbeiten.
Wie optimiere ich meine Lauftechnik? 9 Tipps
Als Einsteiger lässt sich die eigene Lauftechnik oft schon mit kleinen Anpassungen verbessern, zum Beispiel durch bewusst eingesetzte Armarbeit oder eine leicht erhöhte Schrittfrequenz. Auch fortgeschrittene Läufer profitieren davon, ihre Technik zu optimieren. Denn selbst wer seit Jahren läuft, schleift unbewusst Bewegungsmuster ein, die ineffizient sind oder sogar zu Schmerzen oder anderen Auswirkungen führen können.
Hier findest du 9 wichtige Tipps für eine optimierte und gesunde Lauftechnik – von Kopf bis Fuß:
Kopf hoch: Mit aufrechter Körperhaltung laufen
Am Ende der Flugphase, kurz bevor der Fuß den Boden berührt, sendet das Gehirn ein Signal an die Muskulatur, um diese auf den Aufprall vorzubereiten. Die Muskeln kontrahieren, um die Gelenke zu stabilisieren. Ist diese Kommunikation aber fehlerhaft oder zu langsam, kommt die Information nicht rechtzeitig bei der Muskulatur an. Auch wenn der Oberkörper nicht korrekt aufgerichtet ist, ist keine ideale Landung möglich. Wenn du ein Hohlkreuz machst, verschiebt sich der Oberkörper nach hinten und du setzt den Fuß zu weit vorn auf. Ist der Oberkörper zu weit nach vorn gebeugt, ist ebenfalls keine saubere Landung möglich.
Bei einer guten Lauftechnik ist dein Oberkörper aufgerichtet, die Lendenwirbelsäule nicht überstreckt und der Kopf direkt über den Schultern.
Tipp: Kräftige deine Rumpfmuskulatur und den Schultergürtel. Achte im Alltag auf deine Körperhaltung. Dazu empfehlen wir dieses Rücken-Work-out und dieses für Schulter und Arme.
Die Arme effizient schwingen
Unnötige seitliche Bewegungen hemmen den Vorwärtsdrang – seien es Schulterdrehungen oder vor den Körper schwingende Arme. Deine gesamte Bewegungsenergie ist bei einem guten Laufstil nach vorn gerichtet. Dazu schwingen die Arme parallel zur Laufrichtung und nah am Körper. Die Ellenbogen sind ungefähr rechtwinklig, die Hände locker.
Die Hüfte strecken und nach vorn bringen
Sind die Hüftbeuger verkürzt, läufst du Gefahr, den Rücken zu überstrecken. Zudem sieht es dann als, als „sitze“ der Läufer im Schritt. Der Grund: Die Hüfte wird nicht bei jedem Schritt nach vorn gebracht. Dadurch geht Dynamik verloren, Rückenbeschwerden können die Folge sein, vor allem nach längeren Läufen.
Die Hüfte befindet sich bei einem guten Laufstil in maximaler Streckung. Bringe die Hüfte bewusst nach vorn. Dazu kannst du dir vorstellen, dass dich ein Gummiband an deinem Körperschwerpunkt (eine Handbreit unter dem Nabel) nach vorn zieht. Lerne zudem, deine Gesäßmuskulatur wahrzunehmen und bewusst zu kontrahieren. Wenn du genau weißt, welche Muskeln wo arbeiten und was dein Körper gerade tut, wirkt sich das positiv auf deinen Laufstil aus.
Tipp: Klopfe dir beim Laufen gelegentlich für ein oder zwei Sekunden auf das Gesäß. Mit diesem einfachen Trick achtest du permanent auf deine Körperhaltung und verbesserst so deinen Laufstil.
Nur die Beine kreisen
Stelle dir die Laufbewegung so vor, als säßest du auf einem Einrad: mit aufrechtem Oberkörper, der von der runden, gleichmäßigen Trittbewegung nicht aus der Balance gebracht wird. Versuche, dieses Bewegungsmuster auf den Laufschritt zu übertragen. Beim Laufen mit optimaler Technik bleibt der Oberkörper stets in Balance, sodass hier keine Energie in Ausgleichsbewegungen verschwendet wird.
Tipp: Schwinge das Flugbein leicht nach vorn aus und achte auf einen guten Kniehub und einen runden Tritt.
Fußaufsatz unter dem Körperschwerpunkt
Achte darauf, deinen Fuß möglichst unter deinem Körper aufzusetzen. Dein Unterschenkel sollte senkrecht stehen, wenn der Fuß zum ersten Mal den Boden berührt. Der Fuß setzt möglichst nicht vor dem Knie auf.
So geht's bergauf: Bringe das Knie beim Laufen weiter nach vorn als den Fuß, das macht das Bergauflaufen weniger anstrengend. Erspüre und trainiere speziell in dieser Situation die richtige Körperhaltung.
Und so bergab: Laufe mit kurzen, federnden Schritten. Beim Laufen mit großen, weiten Schritten vergrößert sich der Staucheffekt proportional zur Gefälleneigung – du musst ein Mehrfaches des Körpergewichts abfangen. Das erhöht dein Überlastungsrisiko massiv.
Vorfuß-, Mittelfuß- oder Fersenaufsatz?
Wie du hingegen am besten den Fuß aufsetzt, ob etwa zuerst den Vorderfuß aufsetzen oder auf dem Mittelfuß landen, dazu gibt es keine objektiv richtige Vorgabe. Jeder Mensch läuft anders: Es gibt Menschen (die meisten), die auf der Ferse landen, andere berühren mit dem Mittelfuß oder gar dem Vorfuß (nur wenige) zuerst den Boden. In diesem Artikel erfährst du alles über Vorfuß-, Mittelfuß- und Fersenlaufstil:
Den Fuß behutsam aufsetzen
Einige Studien sehen in den Druckkräften der Phase des Fußaufsatzes die Ursache für Stressfrakturen und andere Verletzungen. Ein behutsamer Fußaufsatz hilft gegen Überlastungen. Wenn du darauf achtest, dass du nicht zu weit vor dem Körperschwerpunkt aufsetzt (siehe erster Punkt dieser Liste), wird der Fuß automatisch sanfter aufkommen. Kommt der Fuß hingegen zu weit vor dem Knie auf, besteht ein ernstzunehmendes Verletzungsrisiko durch die größeren Aufprallkräfte.
Für eine gesunde Lauftechnik achte darauf, den Fuß bewusst und „weich“ aufzusetzen. Prallt der Fuß nämlich zu hart auf, führt das zu einer unnatürlichen Bewegungsanpassung: Die Schritte werden zu groß oder man prallt unnötig hart mit der Ferse auf den Boden, was einerseits das Verletzungsrisiko erhöht, andererseits die Vorwärtsbewegung bremst.
Tipp: Übe beim Laufen auf der Stelle vorm Spiegel den weichen Aufsatz, bevor du draußen richtig loslegst.
Abrollen: mit Hüfte und Becken führen
Der Fuß befindet sich beim Abrollen in Pronation, das heißt, der Fußaußenrand ist gegenüber neutraler Fußstellung angehoben. Dabei entstehen die größten Kräfte in der Gesamtbewegung, was ein maximales Verletzungsrisiko birgt. Gewichte von mehr als dem 2,5-fachen des eigenen Körpergewichts wirken über Hüfte, Knie, Sprung- und Fußgelenke und führen bei Instabilitäten zur Abnutzung von Muskeln, Gewebe und Knochen.
Bei einem optimalen Laufstil geht die Bewegung von der Körpermitte aus. Auch hier spielt der Fußaufsatzpunkt wieder eine Rolle: Wird der Fuß zu weit vorn aufgesetzt, sodass das Knie hinter dem Fuß bleibt, erschwert das eine aufrechte Körperhaltung.
Tipp: Nutze deine Rumpfmuskulatur und stelle dir beim Laufen vor, du würdest über Baumstämme steigen.
Den eigenen Rhythmus finden
Ist die Schrittfrequenz zu niedrig, werden die Schritte zu groß, sodass die auf die Gelenke einwirkenden Kräfte zu stark sind. Experten sehen 160 oder weniger Schritte pro Minute als Richtwert für eine erhöhte Verletzungsanfälligkeit. Ermittle deine Schrittfrequenz beziehungsweise die Anzahl der Schritte pro Minute. Zähle dabei jeden Schritt, links und rechts. Wenn es mehr als 160 sind, du nicht verletzt bist und dein Fuß nicht vor dem Knie aufsetzt, dann gibt es aber keinen Grund, etwas zu ändern.
Wie trainiere ich für die optimale Lauftechnik?
Viele Läuferinnen und Läufer haben Schwächen im Laufstil, die sich mit gezieltem Training deutlich verbessern lassen. Der erste Schritt: sich den eigenen Laufstil bewusst machen. Wenn du weißt, wie du läufst, kannst du mögliche Schwachstellen erkennen. Darauf aufbauend lassen sich gezielt Übungen in den Trainingsalltag integrieren, mit denen du ungünstige Bewegungsmuster Schritt für Schritt verändern und optimieren kannst. Hilfreich ist dabei auch regelmäßiges Lauf-ABC. Dazu zählen unter anderem Technikübungen wie Kniehebelauf, Anfersen oder Fußgelenkslauf. Sie schulen dein Bewegungsgefühl, Koordination und Fußaufsatz und verbessern so deine Laufökonomie.
Auch die oben genannten Tipps zur Lauftechnik bieten dafür eine gute Orientierung. Das Ergebnis ist schließlich nicht nur ein ökonomischerer und effizienterer, sondern auch ein gesünderer Laufstil, was heißt: gelenk- und rückenschonend.
Was ist ein guter Laufstil? Was die beste Lauftechnik?
Die beste Lauftechnik oder den richtigen Laufstil für alle gibt es, wie gesagt, nicht. Trotzdem gibt es einige Aspekte, auf die es sich beim Training zu achten lohnt. Wenn etwa dein Laufschritt zu groß ist und dein Fuß weit vor dem Körperschwerpunkt aufsetzt, wird Energie vergeudet. Denn der Schwung der Laufbewegung wird bei jedem Schritt gebremst. Weil dabei bei jedem Schritt hohe Kräfte auf Muskulatur, Sehnen, Gelenke und Knochen einwirken, erhöht sich zudem das Verletzungsrisiko. Vor allem bei Menschen, die über die Ferse abrollen, besteht die Gefahr, den Fuß zu weit vorn aufzusetzen. Geringer ist sie bei solchen, die mit dem Mittelfuß landen und den Fuß damit automatisch näher unterhalb des Körperschwerpunkts aufsetzen.
Diesen und andere Lauffehler findest du zusammengefasst in folgender Tabelle:
Fazit: Den perfekten Laufstil gibt es nicht – aber durchaus Tipps für eine bessere Lauftechnik
Viele Läuferinnen und Läufer fragen sich, ob sie ihren Laufstil ändern können oder sollten. Dazu ist zuerst zu sagen: Jeder Körper ist individuell und findet den für sich effizientesten Laufstil ganz automatisch, indem du – ganz einfach – viel läufst. Es ist aber sinnvoll, sich den eigenen Bewegungsablauf bewusst zu machen und gezielt die Dinge zu erkennen, die eine effiziente Laufbewegung stören. In erster Linie ist hier ein Fußaufsatz gemeint, der zu weit vor dem Körper erfolgt. Dieser bremst deine Vorwärtsbewegung ab und erhöht gleichzeitig die Aufprallkräfte und damit auch dein Verletzungsrisiko. Wenn du zusätzlich darauf achtest, seitliche Ausgleichsbewegungen durch einen sauberen Armschwung und einen stabilen Oberkörper zu minimieren, bist du schon sehr gut unterwegs. Und gerade wenn du viel sitzt, solltest du deine Hüfte dehnen und beim Laufen bewusst das Gesäß aktivieren sowie die Hüfte nach vorn bringen. Das sorgt nicht nur für mehr Dynamik, sondern beugt auch Rückenschmerzen vor.