Petra Zumbusch ist in der Vorbereitung auf ihre Marathons jahrelang weit über 100 Kilometer pro Woche gelaufen. In diesem Jahr hatte sie jedoch bereits Probleme, wenn sie auch nur eine Stunde lang laufen wollte. Der Grund war ihr fünf Monate alter Sohn Finn, der seine Mutter nicht mehr als drei Stunden am Stück schlafen ließ. Der nächtliche Dauereinsatz machte sich am nächsten Tag bemerkbar: „Manchmal habe ich meinen morgendlichen Lauf abgebrochen und bin heulend nach Hause gegangen“, erinnert sich Petra.
Zu laufen, wenn man sich ausgelaugt fühlt, kann ein ausgesprochen frustrierendes Erlebnis sein.
Chronischer Schlafentzug wie in Zumbuschs Fall ist nicht selten, und nicht nur hungrige Babys sind dafür verantwortlich. Falls auch Sie sich ständig schlapp fühlen, müssen Sie zuerst die Ursache dafür ergründen. Schlafen Sie schlecht oder zu wenig? Liegt es am Stress? Oder wird die permanente Müdigkeit möglicherweise durch eine zu große Trainingsbelastung und einen Mangel an Regeneration zwischen den Trainingseinheiten verursacht? Je nachdem, zu welchem Schluss Sie kommen, haben Sie die Möglichkeit, den Zustand entweder zu ignorieren und weiterzulaufen oder das Training ab und an einfach mal ausfallen zu lassen. Hier einige Tipps, für welche Variante Sie sich entscheiden sollten, wenn Sie sich physisch oder psychisch ausgelaugt fühlen.
Tipp: Wenn Sie nachts regelmäßig weniger als sieben Stunden schlafen, droht Schlafmangel. Darunter leidet das Immunsystem, was wiederum dazu führt, dass man anfälliger für Infektionen wird. Außerdem verzögert dies die Wiedergenesung nach einer Krankheit oder Verletzung. Schlafexperte Charles Samuels vom Center for Sleep and Human Performance in Calgary (Kanada), rät dazu, bei harten Trainingsprogrammen gelegentlich einen halbstündigen lockeren Lauf einzustreuen, der dafür sorgt, dass die Anspannung nachlässt und sich letztendlich auch Schlafdauer und -qualität verbessern. Die entscheidende Frage aber lautet: Wie fühlen Sie sich nach einem Lauf – voller Energie oder total ausgepowert? Falls Letzteres der Fall sein sollte, sorgen Sie zunächst einmal dafür, dass Sie ausreichend schlafen. Dann erst setzen Sie Ihr Trainingsprogramm fort.
„Wenn Sie nachts regelmäßig weniger als sieben Stunden schlafen, droht Schlafmangel“
Tipp: Nach Möglichkeit sollten Sie das Training auf einen anderen Tag verschieben, stattdessen locker laufen und die belastende Intervall-Einheit an einem Tag absolvieren, an dem Sie ausgeruht sind, empfiehlt Samuels. Wenn Sie es nicht verschieben können, ziehen Sie es durch. Vermutlich spüren Sie dabei, dass es Sie mehr belastet als sonst, erklärt Samuel Oliver, Sportphysiologe an der Bangor University in Wales. Er hat in einer Studie den Sauerstoffverbrauch von Läufern nach einer ausreichenden Ruhephase und nach einer Nacht ohne Schlaf verglichen. Ein Ergebnis: „Nach einer Nacht ohne Schlaf war der Sauerstoffverbrauch höher, was bedeutet, dass mehr Energie und Sauerstoff benötigt wurden, um die gleiche Leistung zu erbringen“, so Oliver.
Tipp: Schwere Beine nach dem Training ist normal. Wenn Schmerzen und müde Beine aber zum Dauerzustand werden, stimmt etwas nicht. Es kann sich um einen Fall von Übertraining handeln. Bleiben Sie flexibel und passen Sie den Trainingsplan Ihrem körperlichen Befinden an. Vielleicht benötigen Sie nach einer harten Trainingseinheit einen Extra-Ruhetag. Oder Sie achten darauf, den Umfang wirklich nur ganz leicht zu erhöhen. „Meine Empfehlung lautet: Steigern Sie den wöchentlichen Umfang zwei oder drei Wochen lang und fahren Sie ihn in der vierten Woche deutlich zurück“, so Sonja von Opel, Personal Trainerin und selbst erfolgreiche Läuferin (Marathon-Bestzeit 2:52 Stunden). „In der folgenden Woche kann das Training dann wieder gesteigert werden. In der ruhigeren Woche kann sich der Körper erholen, um wieder für höhere Belastungen bereit zu sein“, sagt von Opel.
Tipp: „Auch wenn Sie sich immer schlechter fühlen, laufen Sie weiter“, rät Coach Sonja von Opel, „oft geht es einem bei solchen Läufen in der zweiten Hälfte besser. Wenn Ihnen danach ist, machen Sie eine kurze Pause, dehnen, trinken etwas und fallen wieder in den Laufschritt.“ Vorausgesetzt, Sie sind gesund und haben den Lauf ausgeruht begonnen, kann eine solche Erfahrung das Selbstvertrauen vor dem nächsten Wettkampf stärken. Wenn Sie allerdings wenig Schlaf hatten und sich mies fühlen, lassen Sie es lieber bleiben und versuchen es an einem anderen Tag, wenn es Ihnen wieder besser geht.
So schafft es unser Chefredakteur Martin Grüning, auch bei Müdigkeit sein Laufpensum zu bewältigen.
Dranbleiben: Auch wenn ich nachts mal schlecht geschlafen habe, absolviere ich am folgenden Tag mein geplantes Training. Erst wenn ich einige Tage hintereinander schlecht schlafe oder mich total müde fühle, lasse ich mal ein Training ausfallen.
Anpassung: Wenn ich mich während eines Trainings spontan schlapp fühle, breche ich es nicht sofort ab, sondern ändere Strecke, Intensität und Umfang des Trainings so, dass es mich nicht zu sehr fordert.
Vorschlafen: An Tagen, an denen im Training nichts lief, gehe ich sehr bewusst früher ins Bett als sonst. Je schlechter der Trainingszustand, desto früher gehe ich schlafen – und das, obwohl ich gerade in schlechten Trainingsphasen oft sehr aufgekratzt bin.
Tipp: Laufen Sie trotzdem. Erleben Sie, wie die Energie nach zwei bis drei Kilometern zurückkehrt und Sie froh sind, dass Sie den Lauf nicht ausfallen ließen.
Ein weiterer Tipp: Lassen Sie sich nicht von der Vorstellung belasten, wie viele Laufkilometer vor Ihnen liegen. Denken Sie lieber in kleinen Schritten und beschäftigen Sie sich zunächst damit, Ihre Laufschuhe zu schnüren. Der Rest kommt ganz von selbst.
Tipp: Wenn Gesundheitsprobleme wie eine Erkältung oder niedrige Eisenwerte ausgeschlossen werden können und Sie nicht unter Schlafmangel leiden, ist es möglich, dass Sie ausgebrannt sind. Suchen Sie sich eine neue Strecke, laufen Sie in einer Gegend, die Ihnen unbekannt ist, verabreden Sie sich mit einem Freund, statt allein zu laufen, melden Sie sich zu einem Wettkampf an. „Die Motivation schwankt ständig“, sagt Sportwissenschaftler Oliver, „aber das sollte kein Grund sein, eine Woche gar nicht zu laufen.“ Auf der anderen Seite gibt es Experten, die einem in solchen Fällen dazu raten, ab und zu eine Woche gar nicht zu laufen, um die Freude daran wieder neu zu entdecken.