Mobilisationsübungen bei langem Sitzen

Übungen fürs Büro
Mobilisationsübungen für alle, die viel sitzen

Zuletzt aktualisiert am 20.03.2024
Mobilisationsübungen für alle, die viel sitzen
Foto: Henning Heide

Für Läuferinnen und Läufer, die ihren Berufsalltag im Büro sitzend am Schreibtisch verbringen, ist es oft nicht leicht, sich abseits des Lauftrainings regelmäßig und lange genug zu bewegen. Manchmal jagt ein Meeting das nächste oder man ist so im Arbeitsflow, dass man erst nach mehreren Stunden merkt: Die Beine sind schlapp, die Knie schmerzen, der Rücken fühlt sich steif an, Kopf und Nacken sind schwer, die Füße halbwegs eingeschlafen. Eine Runde an der frischen Luft stramm spazieren gehen wäre jetzt gut – geht im Bürojob aber nicht immer. Und auch im Homeoffice bleibt es aus Zeitgründen oder Bequemlichkeit meist beim Gang zur Kaffeemaschine. Der bringt zwar auch den Kreislauf in Schwung, hilft aber nicht gegen das Bewegungsdefizit.

In einigen Firmen gibt es ein Gesundheitsmanagement und eine „Bewegte Mittagspause“, andere Arbeitgeber ermöglichen ihren Mitarbeitenden das Laufen in der Mittagspause oder versorgen sie mit höhenverstellbaren (Steh-)Tischen oder Walking-Pads, an denen man im Stehen und Gehen arbeiten kann. Bei Ihnen nicht? Dann schreiben Sie sich Ihren Trainingsplan mit Mobilisationsübungen fürs Büro eben selbst. Wir haben die wichtigsten Tipps für die Erstellung des Trainingsplans, Empfehlungen für bürotaugliches Trainings-Equipment und eine Auswahl an Ausgleichsübungen, Dehnübungen und Kraftübungen für alle, die überwiegend im Sitzen arbeiten.

Was sind Mobilisationsübungen?

Mobilisationsübungen fürs Büro sind Übungen, die Sie aus Ihrer gewohnten, komfortablen Arbeitshaltung am Schreibtisch herausbringen und durch regelmäßige Bewegung zu einem gesunden Arbeitsalltag beitragen.

Das Ziel der Übungen ist es,

  • die Komfortzone Ihrer gewohnten Körperhaltung zu verlassen,
  • das volle Bewegungsausmaß einzelner Muskeln und ganzer Muskelgruppen zu erhalten und zu erweitern,
  • das Zusammenspiel der Muskulatur zu verbessern,
  • die Durchblutung von Muskeln, Organen und Gewebe zu unterstützen und
  • die Konzentrationsfähigkeit und Effizienz im Arbeitsalltag zu erhöhen.

Warum sind Mobilisationsübungen wichtig?

Schmerzen und andere Beschwerden nach langem Sitzen treten häufig bei Menschen auf, die entweder

  • einen hohen Grundtonus der Muskulatur haben und eine geringe Beweglichkeit verschiedener Gelenke aufweisen, weil sie die Muskulatur dauerhaft anspannen (z. B. um eine bestimmte Körperhaltung einzunehmen) oder
  • die ihre Muskulatur beim Sitzen und Stehen kaum bis gar nicht anspannen und dadurch oft „im durchgestreckten Gelenk hängen“, zum Beispiel in einer Überstreckung der Halswirbelsäule im Sitzen oder des Kniegelenks im Stehen.

Schmerzen haben für unseren Körper eine Schutzfunktion. Sie entstehen immer dann, wenn unser Nervensystem der Meinung ist, dass unser Körper einer Bedrohung ausgesetzt ist. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Schmerzen nach langem Sitzen im Büro können somit nicht nur durch eine ungünstige Körperhaltung, die dauerhafte oder fehlende Anspannung eines Muskels, sondern auch durch eine schlechte Durchblutungssituation an Muskulatur oder Organen, Stress, Schlafmangel und Schlafstörungen entstehen.

Mobilisationsübungen im Büro sind wichtig, um die Leistungsfähigkeit des Körpers zu erhalten hinsichtlich Beweglichkeit, Kraft, Koordination, Organfunktion und Konzentrationsfähigkeit während bewegungsarmer Phasen im Arbeitsalltag. Sie beschränken sich nicht nur auf Bewegungen von Rumpf, Beinen und Armen, sondern umfassen auch Bewegungsübungen für die Augen. Denn selbst die Augenmuskulatur wird müde, wenn wir lange Zeit aus kurzer Entfernung auf den Bildschirm schauen (Fachausdruck: Office Eye Syndrom, Büro-Augen-Syndrom). Auf Überlastung reagiert sie mitunter mit hartnäckigen Kopfschmerzen, Kreislaufbeschwerden oder Nackenverspannungen.

Wichtig zu wissen: Verspannte Muskulatur ist schwache Muskulatur. Mobilisationsübungen schaffen eine bewegliche und starke Muskulatur.

Bewegungsübungen für die Muskulatur bringen den gesamten Organismus in Bewegung: Organe, Blutgefäße, Knochen, Knorpelzellen. Durch regelmäßige Bewegung stellen Sie sicher, dass alle Körperzellen ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden. Die Versorgung der nicht durchbluteten Knorpelzellen mit Nährstoffen aus der Gelenkflüssigkeit beispielsweise erfolgt nur durch Druck- und Zugbelastungen im entsprechenden Gelenk. Durch Mobilisationsübungen vertiefen Sie zudem Ihre Atmung, die mit steigender Sitzdauer immer flacher wird, und erhöhen die Anzahl Ihrer Atemzüge pro Minute. Das ist wichtig für eine gute Atemqualität.

Bei welchen Beschwerden helfen Mobilisationsübungen im Büro?

Die Liste der muskuloskelettalen und internistischen Erkrankungen, die durch eine monotone Körperhaltung und wenig Bewegung im Bürojob entstehen können, ist lang und vielfältig. Bei folgenden Erkrankungen und Beschwerden, die bei überwiegend sitzender Tätigkeit häufig auftreten, können Mobilisationsübungen vorbeugen und Besserung bringen:

Worauf muss ich bei Mobilisationsübungen achten?

Mobilisationsübungen bringen nur dann einen langfristigen Erfolg für Geist und Körper, wenn Sie sie regelmäßig durchführen. Machen Sie Ihr persönliches Übungsprogramm fürs Büro deshalb zur Gewohnheit, ähnlich wie das Zähneputzen am Morgen und am Abend.

Routine schaffen: Wählen Sie einen konkreten Zeitpunkt im Laufe Ihres Arbeitstages, zu dem Sie Ihre Mobilisationsübungen machen. Anfangs nur einmal pro Tag. Sie waren eine Woche lang erfolgreich? Herzlichen Glückwunsch! Dann ist es an der Zeit, einen zusätzlichen Zeitpunkt für eine oder mehrere Übungen zu finden und/oder Übungen hinzuzufügen, zu verändern oder auszutauschen. Bis Ihre Mobilisationsübungen sich als feste Routine etabliert haben, dauert es etwa acht Wochen. Solange heißt es: Durchhalten! Tipp: Tragen Sie sich einen festen Terminblock im Terminplan ein, stellen Sie einen Wecker als Erinnerung und/oder motivieren Sie Kolleginnen und Kollegen zu gemeinsamer Bewegung.

Mit wenigen, einfachen Übungen starten: Beginnen Sie mit zwei bis drei einfachen Übungen, die Sie sich gut merken können, um Mobilisationsübungen in Ihren Arbeitsalltag zu integrieren. Tipp: Starten Sie mit Übungen für unterschiedliche Körperbereiche.

Festes Übungsprogramm: Legen Sie die Abfolge Ihrer Übungen fest. Veränderungen am Übungsprogramm während des Arbeitstages kosten Zeit und Gehirnkapazität. Außerdem steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Sie die Übungen wirklich regelmäßig machen, wenn Sie genau wissen, was Sie zu welchem Zeitpunkt erwartet. Das menschliche Gehirn liebt Routine.

Trainingserfolg durch überschwellige Reize: Um mit Mobilisationsübungen eine Verbesserung zu erreichen, muss eine Übung oder Bewegung regelmäßig ausgeführt werden und überschwellig sein. Anschließend benötigt der Körper eine Regenerationsphase. Es braucht also gezielte Belastungsspitzen zwischen den monotonen belastungsarmen Phasen im Bürojob. Tipp: Nutzen Sie Ihre Pulsuhr zur Kontrolle der Herzfrequenz.

Reflektieren, wenn es mal nicht klappt: Sie haben es an einem oder mehreren Tagen nicht geschafft, Ihre Übungen zu machen? Reflektieren Sie zeitnah, warum es nicht geklappt hat und was Sie ändern können, damit Sie am nächsten Tag wieder dazu kommen. Tipp: Reduzieren Sie das Übungsprogramm an stressigen Arbeitstagen im Kopf schon vorab auf ein bis zwei Übungen, die sich gut anfühlen. Hauptsache, Sie machen sie.

Übungsprogramm regelmäßig verändern: Wer jeden Tag die gleiche Laufstrecke im gleichen Tempo läuft, erfährt schon bald keine Leistungsverbesserung mehr. Ebenso ist es mit Mobilisationsübungen. Legen Sie deshalb einen Tag in der Woche oder im Monat fest, an dem Sie Ihre Übungen an Ihren Leistungsstand und Ihre Bedürfnisse anpassen. Notieren Sie Übungen, die Sie zu einem späteren Zeitpunkt integrieren möchten. Das spart Zeit bei der Planung.

Wie oft sollte ich Mobilisationsübungen machen?

Mobilisationsübungen dienen nicht nur dazu, die Muskulatur in Bewegung zu halten. Wer Bewegungsübungen am Arbeitsplatz sinnvoll einplant, kann damit die gesamte Produktivität des Arbeitstages erhöhen. Business-Ratgeber empfehlen die 52-17-Methode, weil Menschen im Büro besonders konzentriert und produktiv arbeiten, wenn sie sich 52 Minuten auf eine Aufgabe konzentrieren und danach 17 Minuten (aktive) Pause machen. Nach der Pomodoro-Technik wiederum sind jeweils mindestens 30 Sekunden und maximal 5 Minuten Pause nach 30 Minuten Schreibtischarbeit empfehlenswert. Da jeder Mensch individuelle Konzentrationsphasen hat und kein Arbeitsalltag dem anderen gleicht, sollten Sie Ihre Mobilisationsübungen regelmäßig mindestens einmal pro Tag einbauen, wenn Sie die Möglichkeit haben, für kurze Zeit komplett abzuschalten.

Für die Durchführung der Mobilisationsübungen im Büro gibt es zwei bewährte Möglichkeiten:

  • Sie absolvieren Ihr gesamtes Übungsprogramm an einem Stück zu einem bestimmten Zeitpunkt.
  • Sie nutzen viele kleine Pausen für jeweils eine einzelne Übung.

Kann ich häufiges Sitzen mit Mobilisationsübungen ausgleichen?

Zur Vorbeugung von Rückenschmerzen, Nackenschmerzen und anderen Beschwerden, die durch langes Sitzen entstehen können, wird immer wieder eine aufrechte Haltung beim Sitzen im Bürostuhl und im Alltag im Allgemeinen empfohlen. Dabei gibt es gar keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass man beispielsweise Rückenschmerzen verhindern kann, indem man stets auf eine aufrechte Haltung achtet. Grundsätzlich ist es so: Wenn wir bequem sitzen, fühlen sich unser Gehirn und unser Körper sicher. Und: Unsere Wirbelsäule ist extrem widerstandsfähig und anpassungsfähig.

Den Fokus auf die Vermeidung „falscher“ Bewegungen und Körperhaltungen zu legen, schürt eher Ängste vor eigentlich ungefährlichen Bewegungen, als dass es vor Schmerzen schützt. Das bedeutet: Länger als eine halbe Stunde am Schreibtisch zu sitzen, ist grundsätzlich nicht gefährlich. Ähnliches gilt für den Zusammenhang zwischen längerem Sitzen und Nackenschmerzen. Die Häufigkeit von Nackenschmerzen bei Menschen, die krumm oder gerade am Schreibtisch oder am Smartphone sitzen, ist nahezu gleich. Dennoch ist Bewegung wichtig für unsere Gesundheit.

Wir halten fest: Sie müssen häufiges Sitzen nicht ausgleichen. Beachtet man nur den Zeitfaktor, ist das gar nicht möglich. Setzen Sie sich stattdessen zum Ziel, Ihrem Körper durch einen regelmäßigen Wechsel der Körperposition und gezielte Bewegungsphasen die Voraussetzungen für eine optimale Leistungsfähigkeit und Gesundheit zu schaffen.

8 Tipps für mehr Mobilität und weniger Beschwerden im Alltag

1

Unterschiedliche Körperhaltungen ausprobieren

2

Machen Sie es sich unbequem

3

Zu Fuß gehen

4

Steife Muskeln lockern, lockere Muskeln aktivieren

5

Ursachen für bestehende Beschwerden suchen

6

Mobilisationsübungen in den Arbeitsalltag einbauen

7

Vorhandenes Equipment nutzen

8

Equipment für Übungen griffbereit hinlegen

Die besten Mobilisationsübungen fürs Büro – von simpel bis anspruchsvoll

Es gibt Tage im Büro, da muss man die Mobilisationsübungen innerhalb von wenigen Minuten zwischen zwei Meetings oder beim Beantworten einer E-Mail auf dem Bürostuhl abhandeln. An anderen Tagen ist Zeit für komplexere Übungen. Wir haben im Folgenden eine simple Übungsabfolge für den Bürostuhl und für beide Situationen weitere Übungsvorschläge für Sie zusammengestellt.

Simple Mobilisationsübungen für Dauersitzende

Diese einfachen Mobilisationsübungen eignen sich für „mal eben“ zwischendurch, entweder einzeln oder als komplettes Übungsprogramm.

Füße kreisen

Henning Heide

Rücken Sie Ihren Bürostuhl von Ihrem Schreibtisch ab, heben Sie einen Fuß vom Boden und lassen Sie ihn im Fußgelenk 20-mal in beide Richtungen kreisen. Wiederholen Sie die Übung mit dem anderen Fuß.

Beine strecken

Henning Heide

Stellen Sie Ihre Füße unterm Tisch nebeneinander ab. Die Knie sind im 90-Grad-Winkel gebeugt. Heben Sie nun die Unterschenkel 10-mal in die Waagerechte.

Beine anziehen

Henning Heide

Umfassen Sie im Sitzen ein Knie mit beiden Händen und ziehen Sie es langsam an den Körper. Wiederholen Sie dies mit jeder Seite mindestens 10-mal.

Oberkörper bewegen

Henning Heide

Nehmen Sie die Arme in „Flügelhaltung“ und drehen Sie den Oberkörper nach rechts und links. Wiederholen Sie diese Übungen zu jeder Seite mindestens 10-mal.

Halbe Kniebeugen

Henning Heide

Schieben Sie Ihren Bürostuhl beiseite und stellen Sie sich aufrecht hin, die Hände in die Seiten gestützt. Gehen Sie nun langsam in eine leichte Kniebeuge, nur so weit, wie es angenehm ist. Wiederholen Sie das 10-mal.

Entspannende und mobilisierende Übungen für die Augen und die Atemmuskulatur

Setzen oder stellen Sie sich für die folgenden Übungen bequem, aber aufrecht hin. Sie dürfen sich auch entspannt zurücklehnen.

  • Lehnen Sie sich im Bürostuhl zurück. Schließen Sie die Augen und legen Sie Ihre Hände mit der Handinnenfläche locker darauf. Atmen Sie 10-mal tief ein und aus und versuchen Sie dabei, Ihre Augen zu entspannen.
  • Schließen Sie locker die Augen. Bewegen Sie Ihre Augen 10-mal im Uhrzeigersinn im Kreis und anschließend 10-mal gegen den Uhrzeigersinn. Atmen Sie dabei tief ein und aus.
  • Schauen Sie aus dem Fenster. Fixieren Sie mit den Augen einen weit entfernten Gegenstand. Versuchen Sie eine Minute lang, den Gegenstand scharf zu sehen.
  • Fixieren Sie mit beiden Augen einen Gegenstand am Ende des Büros. Stellen Sie sich vor, Sie könnten diesen Gegenstand mithilfe Ihrer Augen frei im Raum bewegen. Stellen Sie ihn mithilfe Ihrer Augenbewegung auf den Büroschrank, anschließend auf den Fußboden oder auf die Türklinke.
  • Nehmen Sie einen Presenter oder Laserpointer. Folgen Sie dem roten Punkt mit den Augen, ohne dabei den Kopf zu bewegen.

Übungsauswahl fürs Büro von leicht bis anspruchsvoll

Die unten stehenden Mobilisationsübungen sind Vorschläge für Ihr individuelles Übungsprogramm fürs Büro und können flexibel in einen Trainingsplan integriert und je nach Zeit- und Platzbudget angepasst werden.

Mobilisationsübungen fürs Büro im Sitzen

Mobilisationsübungen fürs Büro im Stehen

Anspruchsvolle kreislaufanregende Mobilisationsübungen fürs Büro

Die Grundausstattung für das Läufer-Home-Gym

  • Umweltverträgliche Sportmatte: Lotuscraft
  • Belastbarer Anti-Burst Gymnastikball: Trideer
  • Kompaktes Kurzhantel-Set: Proiron
  • Fitnessband-Set in drei Stärken: Blackroll

Fazit: Jede Bewegung zählt!

Die meisten Menschen mit Bürojob bewegen sich im Alltag zu wenig – auch Läuferinnen und Läufer. Mobilisationsübungen am Arbeitsplatz können körperlichen und psychischen Beschwerden langfristig vorbeugen, vorausgesetzt sie werden regelmäßig gemacht. Sie dienen der Erhaltung der Muskelfunktion, der Durchblutung von Organen und können die Konzentrationsfähigkeit verbessern. Wer erstmals mit Mobilisationsübungen im Büro startet, sollte zuerst eine Routine mit wenigen simplen Übungen schaffen. Ist das Übungsprogramm zur Gewohnheit geworden, können Sie Übungen verändern und ergänzen.